Kilian ist heute seit mindestens 12 Tagen hier.
Sein Kraftfutter verträgt er prima, und das Zeug zeigt Wirkung. Der Kleine kommt sichtbar zu Kräften und legt an Körpermasse zu. Auf den ersten Blick ist er zwar immer noch sehr mager, aber die Knochen stechen nicht mehr so hervor. Sein Bäuchlein ist nicht mehr so eingefallen. Da ist nun wieder ein auf normaler Betriebstemperatur arbeitendes Verdauungssystem drin zugange, das sieht und fühlt man. Seit Dienstag hat er nicht mehr erbrochen. Was er im Klo hinterlässt entspricht jetzt ordnungsgemäss den Vorgaben der naturgesetzlichen Katzenkackeverordnung und erfüllt alle Bestimmungen und Normen, um als akzeptabel und angemessen anerkannt zu werden. Er geht nicht mehr so häufig aufn Pott und es stinkt nicht mehr so furchtbar, was er zutage bringt.
Sein Fressverhalten hat sich ebenfalls normalisiert. Er stürzt sich nicht mehr wie ein Rohrspatz auf alles Fressbare und stopft sich den Wanst bis zum Anschlag voll, sondern nimmt seine Mahlzeiten in ruhigerer Gemütsstimmung ein. Es darf inzwischen auch was übrigbleiben. Gern geht er immer wieder mal zu den Näpfen und überzeugt sich, dass ständig was zu mampfen verfügbar ist. Dann nimmt er ein Probehäppchen und zieht wieder seiner Wege. Er wirkt dabei sehr zufrieden. Der Stress, Angst haben zu müssen, dass jede Mahlzeit die letzte sein könnte ist vorbei. Er weiss sich nun gut versorgt und das Thema Fressenwollen beschäftigt ihn nicht mehr ganztags.
Als ich Freitagabend nach Hause kam und erstmal meine beiden Grossen versorgte konnte ich ihn bei seinen Ausbruchsbenühungen beobachten. Das Wohnzimmer hat eine Milchglasscheibe, so konnte ich von aussen sehen, dass er hochspringt, sich mit den Vorderpfoten an der Türklinke festhält und mit dem Hinterpo rhythmische Bewegungen veranstaltet, um die Klinke runterzudrücken. Schlaues Kerlchen! Seit gestern ist die Isolationshaft aufgehoben, er lebt nun im offenen Vollzug. Klappt prima, er weiss, was für ihn und was für die anderen bestimmt ist und nutzt beim Füttern immer erstmal sein eigenes Geschirr und Futterplätzchen. So können Felix und Bageera einigermassen in Ruhe futtern. Felix mopst ihm gern mal einige Happen Hochleistungsfutter, dafür kontrolliert Kilian gern, was die beiden grossen so bekommen. Das stärkt den Gemeinsinn und sorgt nebenbei dafür, dass Kilians MagenDarm&Co häppchenweise an die Verarbeitung von Normalfutter herangeführt wird.
Mit nicht ganz ungetrübter Freude ist zu vermelden, dass eine weitere wichtige Vitalfunktion ihren Dienst wieder aufgenommen hat: Kilian beginnt, sein Reich zu markieren. Es riecht hier etwas katerig, besonders der riesige Karton, in dem einst ein Rasenmäher verpackt war, dünstet sowas aus. Ich lass den aber extra stehen, wo er ist - besser dieser wird bepieselt als dass er z.B. Möbel markiert. Wenn Kilian kastriert ist kann ich den Karton entsorgen, von anderen Objekten würde ich mich weniger gern trennen. Bis dahin werde ichs ertragen. Ein Trost ist, dass dies ja auch bedeutet, dass Kilian sich hier dauerhaft einrichtet und unsere kleine Welt inzwischen als sein Eigentum betrachtet. Er hat vor, zu bleiben. Dafür spricht auch, dass er an ihm dafür geeignet erscheinenden Stellen ausgiebig kratzt und besonders Türrahmen ausgiebig mit dem Kopf bearbeitet.
Seit gestern erobert er auch die Aussenwelt. Hier waren den ganzen Tag sämtliche Türen auf, zum einen um den Frühling rein-, zum anderen um die Katerdämpfe rauszulassen. Irgendwann sah ich ihn, wie er sich auf dem Rasen in der Sonne wälzte. Auf mein Erscheinen reagierte er euphorisch, hielt mir sein Bäuchlein zur Massage hin und forderte mich auf, auch mal an seinem neuen Birnbaum zu kratzen... Er hat Spass dran, zur einen Tür raus- und zur anderen wieder reinzugehen. Beim reinkommen hält er stets eine kleine Rede, damit die Wichtigkeit dieses Ereignisses von seinen Untertanen angemessen gewürdigt werden kann. Er nahm ein Sandbad in den Büschen und genoss danach die Katzenbürste. Und er markierte an einer strategisch wahrscheinlich sehr wichtigen Stelle den Gartenzaun. Prima - jeder Tropfen, den er draussen versprüht ist ein Tropfen weniger im Haus. Vielleicht habe ich ja Glück, dass er fortan seine Munition zur Absicherung der Aussengrenzen verfeuert und im Haus mit seinem Rasenmäherkarton als Regierungserklärung zufrieden ist.
Gestern Abend haben wir wieder Musik gemacht. Alle Beteiligten wurden mit grösster Selbstverständlichkeit herzlichst begrüsst. Während wir am rocken waren kam er zwischendurch rein und benutzte sein Privatklo, was zu einer Unterbrechung des Spielflusses führte, denn es wurden dadurch unvorhergesehene Grabungsarbeiten und ein Gesamtluftaustausch notwendig.
Insgesamt wirkt Kilian körperlich und geistig fit. Seine Kapriolen und Schmuseattacken machen allen Beteiligten viel Freude. Er ist ein richtiger kleiner Sonnenschein...