Kilian

      Moin liebe Leute,

      Mittwoch Abend um 22:10 kam ich von der Spätschicht nach Hause und hörte nach dem Öffnen der Haustür hektische Fluchtgeräusche - scharren, rutschen (Flur und Küche haben Kachelfussboden) und danach heftiges Klappern der Katzenklappe. Naja, manchmal schnorren sich hier Nachbarskatzen durch... - Donnerstag Abend kam ich heim, legte Rucksack usw. ab, machte mir ein Bier auf, schmiss den Rechner in Gang und erblickte irgendwann später einen kleinen schwarzen Kater neben mir. Kurzer Blickkontakt, dann wieder wilde Flucht seinerseits. - Freitagabend war ich vorgewarnt, da lag der Bursche ganz gemächlich auf meinem Sofa und zwinkerte mich freundlich an. Ich zwinkerte zurück, hielt die Hand hin, ein Schnuppern und unmittelbar darauf eine leidenschaftliche Begrüssung, als wenn wir uns schon ewig kennen. Offenbar hatte er beschlossen, hier einzuziehen, denn er zeigte mir gleich darauf den Weg zur Küche, maunzte vor den leeren Futternäpfen und führte um meine Beine einen Beschwörungstanz der unwiderstehlichsten Sorte auf.

      Danach liess er sich willigst kraulen und ich erschrak: so eine magere Katze habe ich noch nie gesehen. Buchstäblich nur Fell und Knochen, der arme Kerl! Offenbar nur ganz knapp dem Hungertod entgangen. Die nähere Untersuchung (von ihm wohlig genossen) ergab: ein sehr jung wirkender Kater, etwas struppig und ganz erbärmlich abgemagert. Das grösste an ihm sind sein Kopf und seine Bommeln! Was für ein Gemächt in Relation zur Körpergrösse!!! Mein bisheriges Fazit: der Kater war wohl in seinem ersten jugendlichen Liebesrausch irgendwie in meine Gegend geraten, ist hier (ich lebe in einem Gewerbegebiet) für längere Zeit irgendwo eingeschlossen worden (ich hoffe unabsichtlich), konnte sich kurz vorm Verhungern befreien, ist Felix und/oder Bageera begegnet, ihnen gefolgt und hat so meinen Haushalt zunächst als Futterquelle und dann als akzeptables neues Heim entdeckt und annektiert.

      Der Kater legt ein ungewöhnlich zivilisiertes Verhalten an den Tag. Folgt mir, seit er sich meiner Unterwerfung unter seinen Willen sicher ist, auf Schritt und Tritt und hat meine Katzen mit seiner jugendlich-unbefangenen Art dermassen überrumpelt, dass sie ihn widerstandslos gewähren lassen. Felix jagt Konkurrenten normalerweise erbarmungslos vom Hof, aber der Kleine lässt ihm dazu gar keine Zeit, ignoriert Knurren und Fauchen und schnuppert einfach freundlich drauflos. Meine beiden beobachten ihn fasziniert und grosse bunte Fragezeichen zieren die Region etwa zwei Zentimeter über ihren Scheiteln. Sowas haben sie auch noch nicht erlebt... Der Kleine bewegt sich hier ganz unbefangen, drängelt sich vor beim füttern, kackt ihre Klos voll, liegt auf ihren Stammplätzen und gebärdet sich, als wäre er der lang erwartete Messias in unserer kleinen bisher unerlösten Welt.

      Samstag - ich hatte frei - habe ich dann sämtliche Tierheime der Umgebung angemailt, zudem die Polizei, Katzensuchdienst usw. und so der Welt kundgetan, dass hier ein ganz ungewöhnliches Exemplar von Katerchen auf seine Abholung wartet. Im tierschutzverzeichnis.de (eine ganz ausgezeichnete Seite übrigens!) erst eine Fundanzeige aufgegeben, dann eine Suchanzeige gefunden, die mich zu 95% sicher sein liess, dass er der dort gesuchte sein muss. Passte alles, Beschreibung, Foto, Örtlichkeit (Achim), unkastriert (was an sich schon selten ist!). Auf meinen Anruf erschien auch eine wirklich nette Familie, aber leiderleider ist "mein" Kater nicht der richtige. Sie hatten einen unbestechlichen Zeugen dabei, einen Hund, mit dem der dort vermisste Kater aufgewachsen war und den er sich untertan gemacht hatte. Nunja, die Begegnung zwischen den beiden liess keine Wiedererkennung erkennen, eher im Gegenteil, und noch einige Details sprachen dagegen, so dass die Familie sichtlich enttäuscht wieder heimfuhr. Schaaaade! Hätte mich wirklich gefreut, diesem Wundertier so schnell wieder nach Hause helfen zu können.

      Ok, ich versprach dem Katerchen, dass ich ihm zu Diensten stünde bis seine eigentlichen Untertanen ausfindig gemacht sind. Er erklärte sich einverstanden unter der Bedingung, dass er hier auf den Teppich kotzen und höchst wunderliche Gerüche verbreiten würde (so ein Katerchen, dessen Verdauungssystem gerade wieder hochgefahren wird, gibt sonderbare Substanzen und Dämpfe von sich). Zudem habe ich unbegrenzte Mengen an zerkleinertem Nassfutter und Katzenmilch bereitzustellen, meinen Schoss frei und sauberzuhalten und aufmerksam zuzuhören, denn er hat eine Menge zu erzählen. Zudem darf ich bis auf weiteres nicht mehr alleine aufs Klo, sonst wird die Badezimmertür niedergekratzt.

      Vorgestern Abend hatten wir Session. Ich mache Musik, spiele Schlagzeug und fürchtete ein bisschen, dass er wieder auszieht, wenn er diesem Radau ausgesetzt würde. Aber ganz im Gegenteil: erstmal wurden alle Bandmitglieder begutachtet, jeder musste mal kraulen, und als wir dann loslegten (zunächst vorsichtig, mit Jazzbesen etwas Dire-Straits-artiges intonierend) lag er auf meinem Schoss und beobachtete interessiert, was ich/wir da machten. Da waren wir noch keine 24 Stunden miteinander bekannt! Ich habe noch nie zuvor mit einer Katze auf dem Schoss Schlagzeug gespielt! Dann liess er sich auf SEINEM Sessel nieder, eigentlich Gitarrist Jörgs Stammplatz (der wich notgedrungenerweise auf einen wesentlich härteren und kleineren Barhocker aus) und liess sich nicht weiter irritieren. Wir steigerten die Lautstärke nach und nach, das machte ihm gar nichts aus. Irgendwann gab es eine Rückkoppelung durch eins der Mikrofone, das mochte er nicht so (ist ja auch Scheisse) und zog sich in die Küche zurück. Später waren wir recht heftig am rocken, da entschloss er sich, seinen Sessel (auf dem inzwischen Jörg sass) wieder in Gebrauch zu nehmen und liess sich hinter Jörg nieder. Den ganzen Rest der Session sass er dann dort und lauschte der Musik seines neuen Hoforchesters, egal wie laut wir spielten. Zuweilen schlief er sogar dabei, wenn ich recht beobachtet habe! Ehrlich - ich spiele seit 32 Jahren Schlagzeug, lebe seit 26 Jahren mit Katzen zusammen und habe schon so manches mit beidem erlebt, aber sowas noch nicht. Habe auch noch nirgends gehört, dass sich sowas zugetragen hat. Ich bin 110% verblüfft über diesen Kater! - Taub ist er nicht (wäre ja eine Erklärung), denn er reagiert auf Fingerschnippen mit Ohrbewegungen und das Öffnen der Kühlschranktür lässt ihn in Lichtgeschwindigkeit antanzen. Und er "spricht" mit mir und hört auch zu. Total witzig, wie er seine Stimme einzusetzen weiss. Und wenn ich was zu ihm sage, richtet er die Ohren (nicht immer auch die Augen) auf mich. Was für ein WUNDERKATER!!! - Unsere Band heisst Kilians Väter und Die Martins, und da ich einer der wenigen Beteiligten bin, die keinen Sohn namens Kilian haben, taufte ich den Kater für die Zeit seiner Anwesenheit hier auf den Namen Kilian, was er sich gefallen liess. - Jetzt gerade, er pennt auf seinem Sessel, habe ich ihn kurz angesprochen mit seinem Namen - er hob den Kopf und schaute mich an. "Ja bitte?" Einmal gähnen und weiterpennen...

      Naja, ich habe das Tierheim meines Vertrauens - Arche Noah Brinkum, ich kann da nicht genug Werbung für machen, einfach klasse diese Einrichtung und ihr Team - gebeten mal zu kucken, ob der Kater einen Transponder intus hat und seinen Allgemeinzustand mal zu beurteilen. Ich werde dort im Laufe der Woche mal mit ihm vorsprechen.

      Ich unternehme alle mir möglichen Anstrengungen, ihn zu seinen Menschen zurückzuführen. So grandios und intelligent wie er drauf ist, muss er aus liebevollem Hause stammen und irgendwo schmerzlich vermisst werden. Ich wünsche ihm sehr, dass er wieder heimfindet. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie sich das anfühlt, wenn eine geliebte Katze verschwindet. Und ich weiss, dass ein Kater mit solchen Eigenschaften einen unschätzbaren Wert darstellt (nicht in Euro, ich denke, Ihr wisst, wie das gemeint ist).

      Inzwischen ist es Montag Mittag. Kilian liegt vollgefressen auf der Fensterbank und sonnt sich. Wenn ich ihn anspreche schnurrt er aus allen Poren. Kaum zu glauben, was für Mengen Futter in so einen kleinen Kerl hineingehen. Heute hat er erstmals ein paar Happen Trockenfutter geknackt. Anfangs hat er die nicht kleingekriegt. Ein gutes Zeichen, finde ich. Auch in dieser Nacht hat er nicht erbrochen und seine Arbeitsspuren in den Katzenklos nehmen langsam Form an (meine Katzen benutzen die Dinger kaum, da muss schon richtig fieses Scheisswetter sein, dass sie sich dazu herablassen, Indoorpooping zu praktizieren). Und, was mich besonders freut, er putzt sich, das habe ich bisher nicht bei ihm beobachten können. Sein Mundgeruch kommt mir nicht mehr so heftig vor. Er scheint sich prächtig zu erholen.

      Wenn die Tür auf ist, schaut er hinaus, aber meines Wissens hat er seit Freitagabend das Haus nicht verlassen. Er möchte wohl kein Risiko eingehen, wieder verschütt zu gehen. Vielleicht weiss er aber auch, dass ihm ein langer Heimweg bevorsteht und möchte sich erstmal aufpäppeln, ehe er sich auf den Weg macht? Zutrauen würde ich ihm solche Überlegungen.

      Tja, nun bin ich gespannt, wie es weitergeht mit ihm. Mit Felix und Bageera habe ich besprochen, dass wir ihn aufnehmen, wenn er nicht zu seinen Menschen zurückgeführt werden kann. Bageera, die zur Eifersucht neigt, hat sich der Stimme enthalten, aber Felix ist einverstanden. Er wünscht sich sowieso schon lange einen Spielkameraden seines Temperamentes.

      Ich werde an dieser Stelle weiter berichten und freue mich über Tipps, Kommentare und Berichte von UserInnen, denen ähnliches schonmal wiederfahren ist.
      Also ich muss mal sagen, deine Geschichte gefällt mir sehr. Finde es echt toll das du den kleinen Killian aufpäppelst und ich drück dir meine Daumen und 24 Pfoten, das du das Zuhause von dem kleinen findest.

      Ansonsten wünschen wir dir ganz viel Glück auch bei dem weiteren zusammenleben mit dem Zwerg.

      Liebe Grüße Yuna und ihre 6 Fellnasen
      Fantastisch! Auch sprachlich. Werde die Sache auf jeden Fall weiterverfolgen.

      Unsere Katzen mögen auch Musik. Allerdings spielen wir kein Schlagzeug :wink:
      Ich singe und mein Mann spielt Klavier. Sie befinden sich dann im selben Raum und manchmal spielt Mia sogar mit Klavier (was mich NICHT aus dem Konzept bringt).

      Unser Neuzugang guckt noch etwas verwundert nach den Boxen und mir und fragt sich offensichtlich, wo denn nun das laute Zeug herkommt. :shhh:

      Viel Glück beim Suchen der Besitzer und viel Spaß noch zusammen.
      Sam * 08.04.07
      Mia * 08.04.07
      Pipplotta * 03.10.09

      Ihr seid das Beste, was mir bis jetzt passiert ist (außer meinem Mann :whistle: )

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „cece72“ ()

      Genialer Text :D

      da bin ich ja wirklich gespannt, wie die Geschichte ausgeht. Vor allem, weil beide "Enden" ein Happy End wären :wink:

      Aber finde ich wirklich toll, dass Kilian so ein tolles Gastrecht bei euch hat - sollte er Besitzer haben, die in suchen, sind sie bestimmt sehr dankbar, dass sich so gut um ihn gekümmert wurde!
      Ich tendiere aber eher in die Richtung, dass er vielleicht gar nichts von selbst oder so schnell heim will und eventuelle Besitzer nur über die Vermisstenanzeige oder einen eventuell vorhandenen Chip ausgemacht werden können (so wie er sich wohlzufühlen scheint :think: )

      Liebe Grüße von Christine mit Minnie und Miro von der Katzenhilfe in und um Würzburg
      Ist die Geschichte wahr Martin? Kaum zu glauben aber unendlich schön und der Kater hat ja nen tollen Charakter. Ich hoffe, das seine Familie ihn vermisst und ihn bald bei dir findet. :zustimm: Und ansonsten darfst du dich wohl über einen neuen Fellpopo freuen :lol:
      :cry:Minka ich liebe dich 28.04.10 :cry:
      Wie schön, daß es Menschen wie Dich gibt MartinB.

      Bei Dir wird er nun erstmal bestens versorgt und wenn das Schicksal es will findet Ihr seine wirklichen Eltern wieder. Wenn nicht ist er vielleicht bei Dir besser untergebracht als dort, man weiss ja nie.

      Klasse, daß es ihm bei Dir schon so gut gefällt und Deine zwei ihn auch akzeptieren.
      Das erinnert mich ein bisschen an unseren "Parkplatzkater", als ich noch in Würzburg gewohnt habe. Der war irgendwann mal da, strolchte auf dem Privatparkplatzgelände rum und liess sich bereitwillig streicheln. Hatte auch keinerlei Anzeichen von Verwahrlosung, er stand eigentlich gut im Futter. Täto war vorhanden, aber leider nicht mehr lesbar. Da in der Stadt freilaufende Katzen eher rar waren, hatte er recht schnell einen eigenen Fanclub, welcher ihm Futter und Leckerchen kaufte oder die Reste vom Sonntagsbraten zukommen liess :D
      Liess man die Autotür offen oder machte sie nicht rechtzeitig zu, war er drin und machte es sich schnurrend auf der Rückbank bequem. Man musste sich also vor jedem Losfahren vergewissern, dass man keinen blinden Passagier an Bord hatte.
      Als der Winter kam und kein Besitzer zu finden war, hat ihn dann eine alte Dame aus der Nachbarschaft aufgenommen und den Namen Maxi gegeben. Dort ist er dann bis zu seinem Tod (war schon ein älteres Semester) geblieben.
      Ich muss heute noch mit Schmunzeln daran denken, wie er die halbe Nachbarschaft um den Finger gewickelt hat und wie oft ich ihn von meiner Rückbank pflücken musste. Oder wie bequem er im Kofferraum meines Nachbarn lag, wenn er am Wochenende seinen Kombi putzte :wink:

      Liebe Grüße von Christine mit Minnie und Miro von der Katzenhilfe in und um Würzburg
      Oh je, als ich eben nach Hause kam eine böse Überraschung: Kilian hat seinen Sessel vollgekotzt, und zwar gewaltig! Muss schon in der Nacht passiert sein, so eingetrochnet wie die ganze Pampe schon war. Und er riecht wieder aus der Schnauze... Ich hatte heute Frühdienst, da muss ich um 5:45 aus dem Haus, und dann mache ich keine komplette Hausbegehung vorher (bzw. ab sofort werde ich mir das angewöhnen). Ich glaube, ihm war das auch etwas peinlich, er guckte jedenfalls etwas betreten aus der Wäsche, als ich seine Hinterlassenschaft entfernte. Naja, ist schon klar, dass das für ihn auch nicht schön ist. - Nebenbei konnte ich feststellen, dass er keine Angst vorm Staubsauger hat, was wohl auch eher selten bei Katzen ist.

      Jetzt werde ich Kilian das Futter zuteilen. Er bekommt nur noch kleine Portionen und das separat von den anderen beiden. Wenn die dran sind, wird er solange eingesperrt, auch wenn das sicher grosses Geweine geben wird. Und ich denke, Felix und Bageera werden auch froh sein, wenn sie wieder in Ruhe futtern können und nicht drauf warten müssen, ob der Kleine ihnen was übriglässt - Andrerseits werde ich ihm gleich im Futterhaus (praktischerweise gleich in der Nähe) irgendeine spezielle Aufbaunahrung besorgen. Es gibt also weniger, aber besseres Futter für ihn. Das müssen meine grossen nun wieder hinnehmen, denn so was feines kann ich mir in grossen Mengen nicht leisten...

      Hätte ich mir eigentlich auch denken können, dass es nicht gut ist, ihm unbegrenzt Standardfutter zur Verfügung zu stellen. Da er sich wirklich bis zum Anschlag vollstopft, wenn er die Gelegenheit dazu hat ist es doch klar, dass sein untrainiertes Verdauungssystem überfordert ist und die Hälfte wieder rauskommt...

      Es gibt aber auch gute Nachrichten. Er sieht besser aus, sein Fell ist weniger struppig. Offenbar fängt er an, wieder Wert auf sein Äusseres zu legen und putzt sich fleissig, was inzwischen erste Erfolge zeigt. Richtig schön ist, wie er mich begrüsst. Ganz offensichtlich ist er höchst erfreut, mich zu sehen und erzählt mir ausgiebig seine Erlebnisse. Wirklich ein drolliges Kerlchen.

      Ob er hierbleibt oder nicht empfinde ich als noch nicht entschieden, obwohl die Wahrscheinlichkeit mit jedem Tag, an dem sich niemand meldet natürlich wächst, dass er mich behalten kann. Noch sehe ich es so: egal, wie es kommt, es wird auf jeden Fall ein Happy End (@Minnie :wink:, danke). Und das ist ja auch was, wann erlebt man schon eine solche Schicksalskonstellation, wo in jedem Fall nur Gutes bei rauskommen kann...

      @Melli87: selbstverständlich ist dies eine wahre Geschichte.
      Och wie schön!
      Mein Charlie ist auch so einer von der Sorte, wo man denkt: Das ist doch keine Katze, sondern ein verwunschener Katzenprinz :)

      Das volle Programm: Sich unterhalten, zuhören, trösten!
      Er begrüßt und kuschelt um sein Leben gerne, Staubsauger werden attackiert und sein Weidenkörbchen vor Hunden verteidigt! Wenn es essen gibt ist er der erste am Tatort :)
      Er kraucht nachts immer unter meine Decke und wenn wir kuscheln, dann lässt er alles mit sich machen, weil er 100% Vertrauen zu mir hat.
      Das Schärfste: Er hört! Er macht "Sitz" (naja, nicht wenn er frisst oder so ^^) und da wir ein KaKlo im Badezimmer haben, sagen wir immer " Charlie benutz das andere Klo" und er sieht uns an...wartet... mauzt.... und geht aufs andere Klo im Flur.

      Wir haben ihn aus dem Tierheim geholt, und es hieß er ist zugelaufen und ein wenig Menschenscheu. Aber es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick und er hat mich auserwählt. Seit dem ersten Tag ist es als wären wir schon immer zusammen. Und wenn der Kater menschenscheu ist fress ich nen Besen! Nur vor großen Männern (nur zunächst) und meiner Stiefmutter (immer) hat er Angst, also hat er auch ein gutes Gespür für Gefahr ^^

      Aber vor lauten Trommeln hat er angst, wie ich dieses Wochenende feststellen durfte... Türkische Hochzeit mit Trommler fand vor dem Haus statt und der Kater war auf dem Balkon und die Tür war rangelehnt.... Ich hab den Kater noch nie so hoch springen sehen ... armes Ding :(

      Solche Katzen sollte man sich auf jeden Fall erhalten und sie ehren, weil sie einen das Leben um einiges bereichern. Ich hoffe Kilian gedeiht und wird wieder gesund :) Toi toi toi!
      :hug:Gehe jeden schweren Gang mit mir. Sage nie: "Ich kann so was nicht sehen" oder "Es soll in meiner Abwesenheit geschehen". Alles ist leichter für mich mit Dir. :hug:
      So, jetzt habe ich meinen Katzenhaushalt etwas umstrukturiert. Kilian hat jetzt ein separates Katzenklo und eigene Näpfe in seinem Wohnzimmer/Übungsraum. Nun muss er sich daran gewöhnen, immer wieder mal ein Weilchen Stubenarrest zu bekommen. Er hat alles genau beobachtet und scheint es in Ordnung zu finden. Hat sein Klo jedenfalls eingeweiht und die erste Portion seines Spezialfutters für gut befunden. Das Zeugs heisst "Kattovit High Performance" und hat "erhöhten Nährwert", laut Hersteller speziell für Katzen in der Rekonvaleszenz (nach Operationen und bei Unterernährung zu verwenden). Dürfte genau das richtige für ihn sein.

      Vorhin habe ich eine Stunde draussen auf der Terasse in der Sonne gesessen. Kilian hat mich beobachtet, lag die ganze Zeit auf der Türschwelle. Ich habe ihn gelockt, worauf er mit Maunzen und Murren antwortete, aber er achtete sehr darauf, dass ja keine Pfote den Boden ausserhalb des Hauses berührte. Offenbar hat er im Moment die Schnauze gestrichen voll von der grossen weiten Welt da draussen und nicht den geringsten Freiheitsdrang. Vielleicht hat er Angst, nicht wieder reinzukommen? Er könnte ja, wenn er wollte, jederzeit per Katzenklappe rein und raus. Wahrscheinlich fühlt er sich aber im Haus sicherer und will kein Risiko eingehen. Ich nehme an, dass er diese Scheu irgendwann ablegt, wenn sich der Lebensschwerpunkt immer mehr nach draussen verlagert. - Ich werde aber auch den Verdacht nicht los, dass er den Zeitpunkt noch nicht für gekommen hält und insgeheim plant, sich auf den Weg zurück nach Hause zu machen, wenn er erstmal wieder fit ist. Eine Bekannte von mir hatte mal so einen ähnlichen Fall ein paar Wochen zu Gast, der dann plötzlich wieder weg war, als es ihm wieder gut ging. Deshalb beschäftigt mich dieser Gedanke.

      Seinen Sessel, der jetzt nach Teppichreiniger riecht, hat er erstmal aufgegeben und ist aufs Sofa "umgezogen".

      Eine besonders anrührende Geste von ihm ist, dass er seinen Kopf z.B. an mein Bein presst ("Köpfchen gibt") und in dieser Position ein Weilchen verharrt. Er "drückt mich" quasi. Wirklich total niedlich. Oder beim Kraulen, da macht er sowas wie einen Kopfstand, hält seine Pupskanone in die Luft und drückt den Kopf auf den Boden. Habe ich so auch noch nicht gesehen. Originell.

      Er lässt mich bereitwillig seine Schnauze untersuchen. Mal abgesehen von dem Geruch ist scheinbar soweit alles in Ordnung. Gaumen und Zunge rosa, das Zahnfleisch hat ein paar schwarze Stellen (aber das ist bei Bageera genauso seit 12 Jahren). Ich bin mir nicht ganz sicher, vielleicht fehlen ihm in Unterkiefer die ganz kleinen Zähnchen zwischen den Reisszähnen, wodurch eventuell auch sein Überbiss zu erklären ist. Es ist auf jeden Fall so, dass er aus dem Mäulchen stinkt, nachdem er gekotzt hat (war am Anfang beides heftig, kotzen und stinken, dann gings zurück, heute ist der Mief wieder da). Anzeichen von Schmerz zeigt er bei der Untersuchung jedenfalls nicht. Überhaupt vertraut er mir völlig, ich darf (soll!) seinen Bauch kraulen und kann sogar meinen Finger zwischen seine Ballen an den Hinterpfoten stecken. Dann spreizt er die Pfoten und zeigt seine durchaus beeindruckenden Krallen. Die Wunde am rechten Oberschenkel ist inzwischen völlig verheilt, ich habe ihm ein paar verklebte Fellbüschel entfernt und nun ist da eine kleine (1mal1Zentimeter höchstens) kahle Stelle zu sehen. Auch das tränende Auge ist besser - ich durfte ihm die schwarzen kleinen Krusten mit Zellstoff entfernen und brauchte ihn dabei nichtmal festzuhalten. Vielleicht hält er mich ja für sowas wie einen Arzt und "glaubt an mich", was ja auch bei Menschen Heilungsprozesse beschleunigt. Sein absolutes Vertrauen ist schon beeindruckend und freut und rührt mich gleichermassen.

      Was in seinem Verhaltensrepertoire fehlt ist jedes Anzeichen von Revier markieren. Damit meine ich nicht nur die ganz drastische Methode, zu der er gewiss in der Lage wäre, wenn ich seine Bommelchen so betrachte. Er kratzt auch an nichts herum und reibt seinen Kopf nirgends (ausser an mir) dran. Als wolle er keine Spuren hinterlassen... Vielleicht wird er aber auch gerade deshalb von Felix und Bageera so geduldet (akzeptiert wäre zuviel gesagt, er muss sich schon knurren und manchmal auch fauchen gefallen lassen).

      Wenn die drei im Dreieck sitzen und einander beobachten, sieht das ulkig aus. Felix XXL, Bageera mittelgross und dann dieser Winzling dazwischen... Ein ungewöhnliches Bild diese Truppe.

      Ergänzend zu allen bisherigen Massnahmen hängen nun auch Zettel mit der Bekanntmachung seiner Anwesenheit in meinem Haushalt an markanten Plätzen der näheren Umgebung aus.

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      Ich wollte dich nicht anzweifeln Martin (hoffe sehr das du mich nicht falsch verstanden hast) aber das hört sich so toll an, das man es kaum glauben mag :lol:. Wie aus einem Film...

      Hast du vllt. Fotos von deinem kleinen??? Bin doch neugierig :oops:
      :cry:Minka ich liebe dich 28.04.10 :cry:
      Oder beim Kraulen, da macht er sowas wie einen Kopfstand, hält seine Pupskanone in die Luft und drückt den Kopf auf den Boden. Habe ich so auch noch nicht gesehen. Originell.


      <-- Das macht mein Kater auch immer, zum totlachen.

      Ich habe das Gefühl, daß er sich selbst an den Ohren / Wangen streicheln will mit seinen Vorderpfoten. Unser Kater war anfangs so ängstlich, daß man nie an ihn rankam zum streicheln oder schmusen. Er war immer 1-2 m weg und da fing das an. Er schnurrt und reibt sein Köpfchen an allem was in der Nähe ist aber bloß nicht an uns gg.

      Ab und zu verliert er dabei auch das Gleichgewicht und macht eine echte Rolle vorwärts weil der Kopf schon so weit zwischen den Beinen hatte, daß der Rücken vornerüberwill.
      Oder beim Kraulen, da macht er sowas wie einen Kopfstand, hält seine Pupskanone in die Luft und drückt den Kopf auf den Boden. Habe ich so auch noch nicht gesehen.


      Mein Samy macht das auch immer. :zustimm:
      Ist immer urkomisch wenn er sich dann doch nimmer halten kann und einen
      Purzelbaum vornüber macht. :D

      Samy:



      Der ist sowieso ein richtige Schmusebacke. Der kommt morgens oder abends zu mir, krabbelt an mir hoch und fängt an zu schnurren, treteln und mein linkes Ohr an zu "nuckeln". Er lässt sich von mir alles, aber auch wirklich ALLES kraulen. Das sind meine ersten Katzen überhaupt und hat micht total überrascht.
      @Melli, nee, keine Bange, ist ja ne berechtigte Frage. Wenn mir einer sowas erzählen würde, tät ich auch nochmal nachfragen...

      Heute lief alles bestens. Kam um 16:00 nach Hause, befreite Kilian aus seinem "Verlies" (40 Kwadrahtmeter Superluxus-Hochsicherheitstrakt mit allem, was ein Katerherz begehrt) und wurde freundlichst begrüsst. Kein Gekotze, im Klo ein paar inzwischen wohlgeformte Würstchen und das Spielzeug anders im Raum verteilt als heute früh. Er weiss sich also zu beschäftigen. Hat sich auch schön geputzt, er sieht immer besser aus und ich meine, die Rippen stehen nicht mehr ganz sooo doll hervor. Obwohl er natürlich immer noch erbärmlich aussieht. Aber das Streichelgefühl wird langsam griffiger. Kilian ist gut drauf, verträgt sein Hochleistungsfutter offenbar prima und klebt wie eine Klette an mir. Sein Maukgeruch ist wieder deutlich erträglicher.

      Ich habe noch Fütterungskoordinationsprobleme. Ein bisschen schwierig ist es, ihn vom Futter der anderen beiden fernzuhalten. Gar nicht so einfach, ihn dann wieder einzusperren. Dazu kommt, dass Felix irgendwie Angst bekommt, wenn die Wohnzimmertür zugemacht wird. Er hört dieses Geräusch normalerweise nur dann, wenns zum Tierarzt geht und er selber in Gewahrsam kommt. Dass er die Tür von aussen und nicht von innen zuklappen hört kann Einstein Felix wohl noch nicht auseinanderhalten. Er verkrümelt sich dann schnell nach draussen und braucht dann seine Zeit, bis er wieder da ist und futtert. In dieser Zeit bin ich natürlich selber ausgesperrt, denn sobald ich die Tür öffne saust Kilian raus und stürzt sich auf die Futternäpfe... Er ist ganz schön flink. Lässt sich dann wohl wieder einfangen und reintragen, aber es muss schnell gehen und ich muss mich entscheiden, auf welcher Seite der Tür ich denn sein möchte. Jetzt im Moment sitze ich mit im "Knast", denn der Rechner steht hier und ich hoffe, dass Felix bald wiederkommt und futtert. Wenn die beiden Grossen satt sind, kommt der Rest des Nassfutters weg und die hausinterne "Zonengrenze" wird wieder geöffnet. Bis zur nächsten Runde... - Nebenbei ist Felix total am geiern, wenn ich Kilian sein Spezialfutter zubereite, und ich muss ihn wiederum daran hindern, mir ins Wohnzimmer zu folgen und Kilians Kraftfutter zu mopsen.... Also grossen Kater aussperren, kleinen Kater einsperren, so wenig wie möglich Radau mit der Tür dabei machen usw. Ein Glück, dass Bageera die ganze Sache ziemlich egal ist, wenn sie auch noch Partei ergreifen täte würde es sehr unübersichtlich werden. Das ganze wiederholt sich, wenn ich zuhause und wach bin alle drei Stunden, dann bekommt er jeweils eine Vierteldose. Lege ich mich pennen oder gehe ich zur Arbeit jeweils eine halbe.

      Ich habe in den latzten Tagen ja reichlich Gelegenheit gehabt, Kilians Kotz und Schiet zu untersuchen. Rein optisch gibt es keine Hinweise auf Würmer. Und so mager, wie er ist, wären eventuelle Würmer sicher verhungert in ihm. Wenn der Besuch beim Tierarzt angesagt ist, was aus mehreren Gründen noch etwas dauern wird, gibts aber eh das volle Programm incl. Impfung, Wurmkur usw. So spontan bekomme ich das nicht hin, muss am Wochenende erstmal eine Spendenaktion für ihn in meinen Kreisen starten, denn meine Mittel an Geld in diesem Monatsetat und Zeit während der Geschäftszeiten sind momentan arg begrenzt. Nächste Woche habe ich Urlaub, dann kann ich mich mehr darum kümmern. Sein Tränauge ist wieder gut. Die Nase ist feucht und kühl, die Ohren gespitzt und seine Reaktionen auf was auch immer sind fix und zielgerichtet. Er machte den Eindruck eines rasch Genesenden.

      Ich habe heute auf der Arbeit (grosse soziale Einrichtung) einen Haufen meiner Suchzettel an zentraler Stelle ausgelegt mit der Bitte, dass wer mag einen mitnehmen und in seiner/ihrer Wohngegend aushängen möge. Wie ich meine lieben KollegInnen kenne, werden das einige auch tun. So erhöht sich die Streuwirkung und mit etwas Glück hängt bald in jedem Stadtteil in und um Bremen irgendwo ein kleines Plakat. Da er ja nicht kastriert ist, kann er von überall herkommen, so kanns nicht schaden, so grossflächig wie möglich nach ihm zu fahnden. Es soll ja auch noch Leute geben, die kein Internet haben...

      Heute ist er seit (mindestens) einer Woche hier. Ich habe bisher null Resonanz auf meine Bemühungen, ihn zurückzuvermitteln.

      Bilder gibts am Wochenende, dann ist eine Digicam im Haus. Mein Handy macht eh schlechte Bilder, diese dann verMMSt und verEmailt, da bleibt nicht viel von übrig....
      Heute hatte ich Spätdienst. Ankunft zuhause 22:10. Erstmal die beiden Grossen versorgt. Kilian während dessen verzweifelt von innen an der Wohnzimmertür kratzend und rufend (seine Stimme wird auch immer kräftiger). Nachdem die beiden satt waren das Wohnzimmer geöffnet und fast umgefallen: hatte vergessen, die Heizung auszumachen und Kilian benutzt fleissig das Klo. Was für ein Mief!!! Ich hoffe sehr, dass er sich irgendwann mal wieder raustraut und lernt, sein Geschäft in der Natur zu verrichten. Gelegenheit dazu hätte er gehabt, ich hab erstmal 20 Minuten die Terassentür geöffnet und Hitze und Gestank rausgelassen. Interessiert ihn aber noch nicht die Bohne.

      Inzwischen sehen seine Hinterlassenschaften normal aus, kein DF mehr, auch keine Fladen - Katzenscheisse wie sie sein soll. Er hat sich viel geputzt, wird langsam richtig hübsch und sein Fell bekommt schon wieder etwas Glanz. Grosse Freude seinerseits, mich zu sehen, aber auch Felix. Er stürzt sich förmlich auf Felix, der immerhin etwa die vierfache Körpermasse von ihm hat. Felix kuckt irritiert, lässt sich aber geduldig beschnuppern und interessiert sich seinerseits nasal für Kilians Hintertürchen... Auch Bageera hat mal an seiner Schwanzspitze geschnuppert, ist aber nach kurzem Fauchen wieder abgezogen, als er sich zu ihr umdrehte und sie mit einem durchaus freundlichen "Mrrii?" begrüsste. Naja, sie als dienstälteste in diesem Haushalt braucht halt professionelle Distanz, um zu einem objektiven Urteil über diesen Eindringling zu gelangen.

      Immer noch keine Resonanz auf meine Rückvermittlungsversuche.
      Martin, es macht schon riesen Spaß, Deine Texte zu lesen, und es ist super schön dass Du Dich so dem Willen dieses kleinen Tieres unterwirfst :lol: und er bei Dir ein neues Zuhause findet falls ihn keiner zurück haben will.

      Mir ist letztes Jahr um diese Zeit auch ein völlig abgemagerter, verwurmter, mit Parasiten überhäufter kleiner schwarzer Kater zugelaufen, der heute noch bei uns wohnt und sich prächtig entwickelt hat, also wenn die Tierchen sich das so aussuchen müssen wir uns fügen.

      Katzen sind eben die wahren Herrscher dieser Welt :zustimm:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von „Jutta“ ()

      Ich kann mich Jutta nur grenzenlos anschließen :zustimm:.

      Wie du schreibst ist einfach nur schön zu lesen und zu schmunzeln. Es freut mich sehr das ihr zwei (vier) euch so gut versteht :lol:. Wie gesagt, es ist eine wunderschöne reale Geschichte :D
      :cry:Minka ich liebe dich 28.04.10 :cry:
      Ich kann mich da auch den anderen anschließen, richtig gut und schön beschrieben.

      Es gibt bestimmt nicht viele, die sich so um ein armes Geschöpf kümmern wie Du es bei dem „Kilian“ machst, echt ganz toll von Dir.

      Wenn er bei Dir bleiben soll oder kann, dann wünsche ich Euch ganz viel Spaß und sollte er seine Katzeneltern wieder finden, so wird Dir „Kilian“ für immer dankbar sein das Du ihn gerettet hast und seine „Eltern“ werden es auch sein.

      :clap:Alle Hochachtung! :clap:
      Es Grüßt Euch Lamy und Lilli