Dennoch kenne ich auch Halter unkastrierter Rüden von denen mir ein so triebiges Verhalten nicht bekannt ist. Sind die dann irgendwie verkehrt???
Nein, verkehrt sind die nicht. Eine grobe Regel, die Dir auch jeder TA festmachen wird, lautet: Große Rassen habe kaum Probleme mit ihrer Sexualität. Kleine Rassen neigen sehr häufig zu sexueller Hyperaktivität. Doch unabhängig von der sichtbaren Forderung nach Sex gelten für alle Hunde obige Regeln und Abhängigkeiten, wenn man ihnen "Handarbeit" gewährt.
"Falscher" Sexualpartner
Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich Bindungsverhalten u.a. (nach 2000) darf heute als Fakt angesehen werden, dass der Hund den Menschen als Sozialpartner dem Artgenossen vorzieht. Wie Du siehst, funktioniert ja auch alles Dominanz- und Verweigerungsverhalten des Hundes dem Menschen ggü. genauso wie einen hundlichen Artgenossen ggü.. Der Hund setzt ggü. dem Menschen die gleiche Körpersprache, Mimik und Gestik ein (immer ergänzt durch Konditionierungseffekte), wie auch ggü. dem Artgenossen. Auch hier könnte man fragen, warum tut der das denn? Der muss doch erkennen, dass ich ein MENSCH bin! Doch dem Hund ist das gleichgültig. Er anerkennt den Menschen quasi als Artgenossen (gut, jetzt hauen mich wieder die Ethologen ...). Und das funktioniert selbst bis in die sexuelle Interaktion hinab.
Sicher fehlen dem Menschen dazu einige essentielle Auslöser (= Schlüsselreize am Sozialpartner) z.B. optischer und chemischer Art. Doch hat man dem Hund einmal gezeigt, wie "das" mit dem Menschen funktionieren könnte, nimmt er diese Möglichkeit bereitwillig und immer wieder eigeninitiativ angestrebt wahr. Er wird dabei nicht auf das "Ob" konditioniert, sondern lediglich hinsichtlich des "Wie", dazu Großteils in Form von Selbstkonditionierung durch sein vehementes Appetenzverhalten. Mit nahezu den Gleichen - in mancher Hinsicht besseren Effekten - hinsichtlich sexueller Ausgeglichenheit / Beherrschtheit, die man sonst nur am stetig aktiven Zuchtrüden feststellen kann.
Die Ersatzhandlung "Sex" mit dem Menschen funktioniert genauso effektiv, wie die Ersatzhandlung "Jagd", die EH Futterbeschaffung, die EH Spiel, die EH xy. Denn eines muss klar sein: Jede Interaktion zwischen Hund und Mensch ist IMMER nur eine Ersatzhandlung, niemals ein eigentliches "vollwertiges Produkt".
Warum zwei mal die Woche?
Das ist lediglich ein grober Richtwert. So, wie man auch sagt, ein Hund müsse drei mal am Tag rauskommen. Auf diese Häufigkeit pendelt sich die Sache bei großen Rassen ein, wenn der größte Eingangsstau abgebaut ist. Damit erhält man sich einen Zustand permanenter sexueller "Lustlosigkeit" beim Rüden hinsichtlich seines inneren Antriebes ohne zusätzliche äußere Auslöser. Dieser Wert garantiert eine Art Auslastung. Erreicht wird er nach etwa drei Wochen. Der Rüde fordert dann kein Mehr aktiv ein. Weicht "Annäherungsversuchen" des Menschen möglicherweise aus - oder wehrt sie sogar aktiv ab.
Im natürlichen Umgang mit der Hündin ist er in deren Anöstrusphasen völlig unterlastet und sucht sich / strebt nach anderweitiger sexueller Betätigungsmöglichkeit (der Mensch würde von Fremdgehen sprechen; der Hund kennt in dieser Hinsicht kaum "Treue"). Im Östrus kopuliert er dann - so man nicht eingreift - bis zum Kollaps und der körperlichen Beschädigung.
Nein, schaffe Dir jetzt zu Versuchszwecken keinen unkastrierten Rüden an, sonst beschuldigt man mich noch der Anstiftung zur Sodomie
. Verkupple auch nicht Hündin und Rüde - dann hast Du gleich die lieben Tierschützer am Hals. Denn ja, da liegst Du richtig: Sie würden sich endlos vermehren (die Hunde, nicht die Tierschützer ...). Die Hündin würde in jedem Östrus tragend. Und Du könntest bald eine Dosenfutterfabrik mit Welpenfutter aufmachen - nein, kein Futter FÜR Welpen, sondern mit zu Futter verarbeiteten Welpen IN der Dose DRIN
.Was der Mensch dabei empfindet ist letztlich für die Funktionalität auf Hundeseite gleichgültig. Er muss nur ein paar Regeln einhalten. Auf Seiten des Hundes ist es dann aufgrund zahlreicher Faktoren sicher kein "vollwertiger Sex". Aber offenbar zu einem so hohen Prozentsatz "in Ordnung", dass man mit den resultierende Wesensänderungen und der veränderteren Einstellung zum Halter durchaus zielgerichtet arbeiten kann.
Und komme mir nur mit Deinen Eunuchen-Hunden daher! Ich zeige Dir innerhalb der ersten halben Stunde eine Million Defekte auf! Der richtige Tunnelblick macht's möglich
.@ monty.P
Rüden großer Rassen zeigen normalerweise überhaupt erst im Alter von drei Jahren aufwärts, der Beauceron bspweise gar erst im Alter von sechs Jahren, Interesse an der Hündin in der Stehphase. Selbst Welpen rammeln schon rum, um von ihnen noch nicht zielgerichtet eingesetzte Handlungen zu testen. Mit einem Jahr rammeln die Rüden dann durchaus gezielt zur Befriedigung ihres sexuellen Interesses. Dieses sexuelle Interesse wird aber erst in höherem Alter mittels Auslösern der Hündin auf die Hündin gelenkt und stimuliert. Bis dahin hat man den seltsamen Rüden Zuhause, der mit allen Sexualfunktionen sich an der menschlichen Hand aktiv vergnügt - aber die, den Schwanz abstellende, östrische Hündin vor seiner Nase, zwar vielleicht noch mit Interesse beschnüffelt, jedoch nicht aufsteigt. Nicht aufgrund von Konditionierungseffekten, einer Fehlprägung oder ähnlichem, sondern einfach weil seine "ethologische Reifung der Sexualität" noch nicht abgeschlossen ist. Von heute auf morgen steigt er dann plötzlich auch auf die Hündin auf und zeigt dieser ggü. all sein "typisches Rüdenverhalten" - verliert aber ebenso wenig das Interesse an der "menschlichen Hand".
Und ja, genauso, wie es Unterschiede im Bindungsverhalten gibt, in der Aggressionsbereitschaft und allüberall, existieren massive Unterschiede im Sexualverhalten und der Antriebigkeit. Nicht umsonst wird in Fachkreisen z.B. der Labrador gerne "Libidor" genannt. Und es gibt sogar Rüden, die den Menschen als Sexualpartner ablehnen. Nicht aufgrund schlechter Erfahrungen, nicht weil sie sexuell ausgelastet wären (auch der Zuchtrüde vergnügt sich gerne und begeistert mit des Halters Hand).
@ Thora zum II.
Das mit dem Fleck an der Wand kann ich aus eigenem Erleben bestätigen. Lange Zeit versuchte mein Hund die Leberflecken von meinem Rücken abzufressen. Als Insektenhasser stellte er auch gut sichtbar an der Wand sitzenden Fliegen nach - und wollte dann irgendwann auch mich von "meinen Parasiten" befreien.
Dennoch sind diese Studien nicht falsch. Sie besagen letztlich nur, dass der Hund bewegte Objekte BESSER sehen kann als unbewegte. Sein stark adaptives Sehvermögen hebt bewegte Objekte von unbewegten Dingen deutlich ab. Der Mensch kann sich ohne Hilfsmittel diese Technik mit etwas Übung selbst aneignen, wenn auch lange nicht so ausgeprägt wie beim Hund. Ich selbst beherrsche sie so weit, dass letztlich das gesamte unbewegte Sehfeld zusammenbricht und nur noch bewegte Objekt sichtbar bleiben. Eine durchaus beeindruckende Erfahrung, in einem sehfeldfüllende grauen Brei dann nur noch eine, an der Rändern mit Falschfarben im Kontrast verstärkte Katze laufen zu sehen ...
Und ja, es gibt diese TiFi...s. Und es gibt auch Misshandlung in dieser Szene. Vorsätzliche. Fahrlässige. Aber auch ungewollte, aus Unwissenheit geborene. Und die Grenze zwischen diesem Personenkreis und dem Absamen als Lenkungselement will man oft nicht wahrhaben. Wer schreibt, er berücksichtige die Sexualität seines Haustieres, jedoch ohne sexuelles Eigeninteresse, der lügt in den Augen vieler unkritischer Betrachter. Diese Fehlhaltung hat mir schon einige Ermittlungsverfahren eingehandelt. Weshalb sich auch kaum ein renommierter Wissenschaftler dieser Thematik annimmt, geschweige denn in Endverbraucherkreisen - ggü. dem Hundehalter eben - sich dazu äußert.
Ein Hund lebt sexualität zum Zweck der Vermehrung. aus keinem anderen Grund
Gott sei Dank schreibst Du gleich dazu "so weit mir bekannt". Denn die Aussage ist letztlich grundfalsch. An Vermehrung denkt der Hund dabei überhaupt nicht. Er strebt die Befreiung von einem Antrieb an. Er "denkt" daran, ausgelöste Verhaltensmuster den in ihm verankerten Vorgaben entsprechend abzuarbeiten. Damit ihn antreibende Unruhe abzulegen. So wie der Hund auch nicht frisst, weil er sich bewusst wäre, dass Nahrungsaufnahme lebenswichtig ist. Sondern weil er einerseits das geschmackliche Erlebnis mitbekommt. Andererseits einem Fresstrieb Folge leistet (weshalb Hunde teils buchstäblich bis zum Erbrechen fressen, obwohl Appetit und Hunger längst gestillt wären). Und nicht zu vergessen letztlich ein beruhigendes Feedback der Sättigung zurückgemeldet bekommt.
Warum Hund und Mensch in sexueller Hinsicht in gewissem Umfang "kompatibel" sind, habe ich ja schon weiter oben angesprochen.
@ Sappi
jedoch lese ich nicht heraus, daß age meint, wir sollten eine sexuelle beziehung mit unserem hund eingehen.
Das möchte ich unterstreichen.
Und nochmals @ Thora zum III.
Bin heute etwas durch den Wind.
Kein Wunder, bei DEM Thema
!Nochmals ganz deutlich: Nein, ich empfehle NICHT die beiderseitig sexuelle Verbindung (verurteile diese aber auch nicht rundweg ... oje, diese Bemerkung gibt wieder Zündstoff!). Ich möchte dazu wieder den Vergleich mit der Fütterung bemühen: Fütterung ist der Haltung erwiesenermaßen zuträglich. Aber man braucht nicht mit dem Hund vom Boden aus der gleichen Schüssel das gleiche Futter zu fressen um dieses stark bindende Element effektiv in die Hundehaltung einzubringen.
Servus
age




