Einige von Euch kennen Farin ja schon aus "Alte Pferde" oder anderen Beiträgen.
Sie ist in der Nacht von Sonntag auf Montag verstorben. Mit 32 Jahren an Altersschwäche. laut Tierärztin, die sie noch am Sonntag gesehen hat, hat sie nicht leiden müssen.
Wir waren 28 Jahre zusammen. Ich habe sie mit 4 Jahren einem Menschen abgekauft, den sie nicht leiden konnte. Schon bei unserem ersten Kontakt lief sie mir hinterher und ließ ihn stehen. Später habe ich erfahren ,daß er sie schlimm geschlagen hat. Im ersten Jahr konnte ich sie nicht reiten, weil sie so eine Angst vorm geritten werden hatte. Ein Jahr lang haben wir fangen gespielt, sind spazierengegangen, haben die Longe kennengelernt und hatten viel Spaß miteinander.

Dann haben wir 3 Jahre miteinander gekämpft. Farin hat sich geweigert von der Koppel wegzugehen (kein Wunder nach den vorherigen Erfahrungen) ,Sie hat versucht mich an Bäumen abzustreifen, ist mit allen vier Füßen gleichzeitig zur Seite gesprungen, gebuckelt und gestiegen ist sie aber nie.
Meinen ersten reiterlichen Erfolg hatte ein Ginsterbusch. Nicht ich. Sie war mal wieder im vollen Galopp mit mir durchgegangen. Einen Steilhang hoch. Oben stand ein Ginsterbusch, den sie nicht sehen konnte. In die Richtung wollte sie. Nach längerem Kampf habe ich sie gelassen. Sie hatte die Schnauze voll Stacheln. Und die Brust auch. Mit Karacho voll in den Busch. Für den Rest des Tages fand sie es Klüger sich auf mich zu verlassen.
Von da an wurde es auch beim reiten besser, schließlich gut. Verlaßpferd. So gut wie jeder Situation gewachsen. Es gab' eine Kneipe im Wald, beliebtes Reiterausflugsziel, vor dem wartete Farin auf mich, wie ein gut erzogener Hund. Auch wenn andere Pferde kamen und gingen. Im Winter an der Ostsee konnte ich sie laufen lassen. Der Strand war leer und mein Pferd kam auf Zuruf zurück.
Mit 8 Jahren bekam sie ihr Stutfohlen Felicitas, mit 13 ihr Hengstfohlen Peregrin. Beide habe ich abgegeben, weil ich mir zwei Pferde nicht leisten konnte und ich Farin behalten habe.
Mit 10 Jahren haben wir das Wandern angefangen. Die großen Wanderungen Lörrach - Regensburg und Regensburg - Braunschweig wir waren jeweils ein halbes Jahr unterwegs haben wir gemacht, als sie 18 Jahre und 22 Jahre war.
Wir hatten ein langes, erlebnisreiches Leben zusammen. Wir waren ein starkes Team. Wir haben so ein wahnsinniges Glück miteinander gehabt.
Wir hatten ähnliche Interessen : Wandern. Draußen sein. Wir haben zusammengerechnet fast zwei Jahre 24 Stunden am Stück miteinander verbracht. Ich hatte die Geduld und den Humor um ihren Dickkopf zu schätzen, ihre Angst zu überwinden. Sie hatte den Mut wieder Vertrauen zu fassen, den Dickkopf auch schwierige Aufgaben zu lösen, die eiserne Gesundheit, die Gelassenheit, das Leben zu nehmen. Sie war chronisch gut gelaunt. Wenn sie mehr als zwei Minuten am Stück die Ohren hinten hatte, war bestimmt was nicht in Ordnung. Sie hat mit 25 Jahren noch eine Kolik OP überlebt und die Klinikärzte sprachen voll Hochachtung von ihr : So was haben wir hier nach so einer OP noch nicht erlebt. "Sie will Leben."
Sie war meine Kleine, mein Miststück, mein Indianerpony, meine Große, meine sanfte Tyrannin, meine Alte. Jetzt ist sie eingeschlafen und ohne mich unterwegs. Ich glaube fest, das sie jetzt schon eine Herde gefunden hat, mit der sie ziehen kann. Weite Wanderungen.
Ich muß mich in einem Leben ohne sie zurechtfinden. Für 28 jahre hat sie meinen Tagesrhythmus bestimmt, hat mir durch manchen Liebeskummer geholfen, hat große Teile meines denkens eingenommen.
Ich hab' keine Erinnerung daran, wie mein Leben war, ohne sie : wie ich war ohne sie. Denn von meinem elften bis achtzehnten lebensjahr hab ich auf ein Pferd gespart, dafür gearbeitet, endlose Listen erstellt, wie esmir mit dem wenigen geld gelingen kann. 3 Wochen vor meinem 18.Geburstag hab ich sie gekauft, heimlich. Heute bin ich 46.
Amber