Die kleine Maus war 5 bis 6 Wochen alt, als sie zu mir kam, also viel zu jung. Ich habe sie von Bekannten einer Kollegin bekommen, sehr suspekte Leute. Mir wurde erzählt, sie müssen umziehen und können die Katzen nicht behalten, sie sind am gleichen Tag auch die Mamakatze „losgeworden“. Wenn sich niemand für die Miezen gefunden hätte, hätten sie sie wohl einfach auf ihrem Grundstück zurück gelassen. So gesehen war es für Lucy wohl besser, das sie bei mir war. Aber sie blieb ein Sorgenkind ihr Leben lang. Sie wollte bzw. konnte am Anfang nicht fressen, ich habe alles mögliche versucht, um sie zu päppeln und irgendwie hat das dann auch geklappt. Das Problem an der Sache: sie hat nie freiwillig Katzenfutter gefressen. Sie hat, als sie noch klein war, irgendwann Interesse an Salami gezeigt und ich habe sie naschen lassen, weil ich so froh war, dass sie überhaupt was anderes als Welpenmilch haben wollte. Dabei ist es aber dann auch geblieben, sie hat sich nur von Wiener Würstchen, Salami und Käse ernährt. Auch tagelanges hungern lassen auf Empfehlung des TA hat nicht geholfen. Irgendwann haben mein Freund und ich dann angefangen, Lucy zweimal in der Woche mit Katzenfutter zwangsweise zu füttern, um den immer schlimmer werdenden Durchfall in den Griff zu kriegen.
Vor ca. 3 Wochen hat sie dann ganz aufgehört zu fressen. Die ersten 2 Tage habe ich mir nicht so viel dabei gedacht, weil die anderen 3 Fellmonster auch mäkelig waren. Dann haben wir Lucy jeden Abend gefüttert, 4 Tage lang. Sie hat sich in diesen Tagen zurückgezogen und ich habe versucht, mich darauf vorzubereiten, dass der Zeitpunkt, vor dem ich immer Angst hatte, jetzt wohl da ist. Ich hatte gehofft, dass sie einfach friedlich einschläft, wenn sie denn schon gehen muss. Am Freitag vor 2 Wochen kam sie dann doch wieder schmusen und machte einen besseren Eindruck. Eigentlich wollte ich an diesem Tag abends, wenn mein Freund von Arbeit kommt, mit Lucy zum Notdienst fahren. Das haben wir dann aber eben nicht gemacht, weil sie wieder fast die Alte war.
Samstag wurde ich dann allerdings von fürchterlichen Schreien geweckt und die arme Maus stand auf wackligen Beinen im Zimmer und ist beim Versuch zu laufen umgefallen. In Tränen aufgelöst und total panisch war ich binnen 10 Minuten mit einem guten Freund, der um die Ecke wohnt, auf dem Weg zum TA. Mein Freund war wie immer auf Arbeit. Mir ist es jetzt noch unbegreiflich, wie die kleine Schnecke über Nacht so extrem schwach werden konnte. Beim TA wurde ihr Blut abgenommen und ein Tropf gelegt und während die Blutuntersuchung lief, ist die Kleine ins Koma gefallen. Sie wurde sofort auf die Intensiv gebracht und ich saß ewig alleine im Behandlungsraum und hab Rotz und Wasser geheult. Dann kam die Ärztin endlich wieder und meinte, meine Lucy wäre wieder stabilisiert und ich solle entscheiden, ob sie weiter machen sollen. Da sie im Koma lag, hat sie sich nicht gequält laut der Ärztin. Ich konnte dort, ganz alleine, von jetzt auf gleich nicht loslassen, obwohl ich ja schon die ganze Woche ein ganz schlechtes Gefühl hatte. Lucy blieb also in der Klinik, mein Freund hatte inzwischen Schluss und hat mich dort abgeholt. Den Rest des Tages habe ich in fürchterlicher Angst und völlig aufgelöst irgendwie rum gekriegt. Am Sonntag hieß es dann am Telefon, meine Lucy ist wieder aufgewacht und ihr gehe es den Umständen entsprechend gut, sie ist still und geduldig, schreit nicht und sitz wieder (Samstag hatte sie beim Arzt nur noch völlig aphatisch auf dem Bauch gelegen, die Aufregung der Fahrt zum TA hatte wohl ihre letzten Reserven aufgezehrt). Ich war erst mal erleichtert, es hieß jedoch auch, man hätte beim Ultraschall einen Schatten am Herzen entdeckt. Die Blutuntersuchung hatte wohl nichts gebracht und das Herz an sich wäre okay. Montag wäre der Kardiologe da, der sollte sich das dann noch mal anschauen.
Montag wurde mir von diesem dann mitgeteilt, man hätte ihr jetzt eine Magensonde gelegt, was die Tiere normalerweise wohl nicht belastet und die Stelle am Herzen punktiert und eine Flüssigkeit raus geholt, die jetzt im Labor untersucht werden müsste. Es könnte sich um ein harmloses Blutgerinnsel handeln, weil sie vielleicht mal beim runterspringen von irgendwas mit etwas kollidiert ist, es könnte auch ein Tumor sein, dann müsste man weitersehen. Das klang nun wieder gar nicht gut, aber der Arzt meinte, ich könnte sie höchstwahrscheinlich Dienstag mit der Sonde nach Hause holen und da weiter päppeln, bis die Laborergebnisse da sind.
Am Dienstag musste ich wieder auf Arbeit und habe am frühen Nachmittag versucht, in der Klinik anzurufen, aber niemand ging ans Telefon. Ich wollte es später wieder versuchen, hatte dann aber viel zu tun und der Arzt kam mir dann 16:23 mit einem Horroranruf zuvor. Meine kleine Lucy hatte aufgegeben und ist plötzlich ganz alleine dort bei fremden Leuten eingeschlafen. Sie konnte nicht mehr wiederbelebt werden...
Ich bin immer noch völlig am Boden zerstört, sie fehlt mir so sehr. Ich hoffe so sehr, dass sie wusste, dass ich in ihren letzten Stunden jede Sekunde an sie gedacht habe. Aber ich denke eben jetzt, dass die Entscheidung, sie nicht einschläfern zu lassen, nicht sehr tierlieb war. Andererseits hatte ich die „Hoffnung“, dass die Ärzte ein organisches Leiden finden und man dieses behandeln kann. Ich denke, wenn ich nicht um sie gekämpft hätte, würde ich mir jetzt wahrscheinlich Gedanken machen, ob ihr nicht doch noch hätte geholfen werden können. Es ist so schwer, meine Lucy war die anhänglichste von allen meinen Süßen, sie ist mir auf Schritt und Tritt gefolgt, hat 9 ½ Jahre fast jede Nacht neben mir im Bett geschlafen. Ich würde natürlich um jede meiner Miezen trauern, aber dass ich diesen Horror ausgerechnet zum ersten Mal mir meinem Baby und auf diese Weise erleben musste, ist fast nicht zu ertragen.
Meine süßes Lucymäuschen, ich hoffe, du kannst mir verzeihen, dass ich es dir so schwer gemacht habe und du hast es da, wo du jetzt bist besser. Ich werde dich nie vergessen! Du fehlst mir so. Wenn ich aufwache, bist du nicht da. Wenn die anderen Samtis ihr Leckerli kriegen, verlangst du nicht lautstark nach deinem. Es ist so kalt, wenn du nicht auf meinem Schoß sitzt. Es ist so still, wenn du nicht deinen kleinen Motor anwirfst. Es ist so einsam im Bett, wenn du nicht neben mir liegst. Ich liebe dich über alles, meine Kleine,
deine Mama
*28.04.1997 +10.10.2006

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