Ich persönlich denke oft, dass die meisten Leute besser nicht geheiratet hätten - aber das sieht vielleicht auch nur von außen so aus. Allerdings kenne ich auch viele Paare, bei denen die Ehe immer wieder auch ein Grund war, sich mal am Riemen zu reißen und nicht bei jeder Kleinigkeit sofort die Flucht zu ergreifen.
In guten und in schlechten Zeiten - so eine ernstgemeinte Rückendeckung würde sich doch normalerweise jeder vom Partner wünschen. Manche können sich die aber auf lange Sicht nicht geben, weil die Konstellation einfach nicht passt. Wenn aber Paare den Wunsch haben, sich zu trauen (und "sich trauen" heisst ja auch irgendwo fast wörtlich "Mut beweisen"), sollte man das respektieren und hoffen, dass das Wagnis gut geht.
Meine Eltern sind seit über dreißig Jahren verheiratet. Glücklich? Unglücklich? Ich glaube, das hängt von der Tagesform ab. Sie müssten ja nicht zusammenbleiben, sie könnten sich scheiden lassen, wenn einem manchmal der Hut total hochgeht wäre es eine Option. Aber sie haben sich auch nach Krisen wieder zusammengerauft und zusammen weitergemacht und ich wage zu behaupten, dass sie glücklich sind. Glücklich, einen zuverlässigen Partner zu haben, der auch mal Phasen erträgt, in denen man vielleicht nicht so ein angenehmer Zeitgenosse ist. Jemand, auf den man 100% bauen und blind trauen kann, auch wenn man sich mal über einander ärgert. Und mit dem man natürlich auch über lange lange Zeit viele sehr schöne Dinge teilt, denn das Leben besteht ja nicht nur aus Sorgen und Ärgernissen.
Wenn man allerdings einen Partner hat, der dies nicht mitbringen kann, kann eine Ehe nicht funktionieren und die Partnerschaft würde langfristig auseinandergehen, ob nun mit Ehering oder ohne. Und heute neigen leider die Leute dazu, sich das Leben mit einem anderen Menschen auf Dauer zu einfach vorzustellen. Es kann immer passieren, dass man jemand anderen kennenlernt und nicht mehr mit dem "alten" Partner leben möchte, eine Garantie gibt einem niemand.
Für meinen Teil muss ich keinen Ehering haben, ich würde ihn aber von meinem Männe freudig entgegennehmen. Er sieht es ähnlich, denn als wir mal über das Thema gesprochen haben, war er vollkommen verblüfft und meinte, er bräuchte das nicht, denn die Frau fürs Leben hätte er ja schon gefunden und bräuchte da keinen Zettel drüber.
Allerdings denken wir, dass es für die Zukunft einfach leichter zu handhaben sein wird, wenn wir heiraten. Unser Traumschloss ist in Planung (werden in den nächsten Jahren neben Schwiegermutters und unserem derzeitigen Domizil unser eigenes Heim bauen) und er ist der erste Mensch, mit dem ich mich in der Form wirklich binden würde. Der Papierkram minimiert sich dann auch etwas und ich würde mich wirklich (auch wenn es jetzt schwülstig klingt) geehrt fühlen, wenn ich einen Heiratsantrag von meinem Mann bekommen würde - ablehnen würde ich nicht.



PS: Was das voreheliche Herumnudeln angeht - ich bin kein unbeschriebenes Blatt, genauso wie mein Mann. Und das ist auch gut so. Denn so kann ich jetzt mit Gewissheit sagen, dass ich bei dieser Beziehung ein schweinemäßig gutes Gefühl habe und mich so wohl fühle wie noch nie in meinem Leben. Und das zu wissen ist schon eine sehr gute Sache.

"A reader lives a thousand lives before he dies.
The man who never reads lives only one." (George R. R. Martin)
The man who never reads lives only one." (George R. R. Martin)