Ich habe mir gerade ziemlich spontan meinen lang gehegten Wunsch erfüllt und mir zwei Katzen angeschafft - Gandalf und Gargamel.
Sie sind 10 Wochen alt und stammen von einem Bauernhof. Dort wohnten sie noch mit ihrer Mutter in einer Scheune und hatten scheinbar bisher relativ wenig Kontakt zu Menschen, abgesehen von den Fütterungen, auch wenn es am Telefon hieß, sie seien den Umgang mit Menschen gewohnt. Sie waren jedenfalls (schon dort und hier noch) ziemlich ängstlich, lassen kaum Kontakt zu, und im Augenblick maunzen sie beide fast ununterbrochen so herzzerreißend, dass mein schlechtes Gewissen droht, mich aufzufressen.
(An dem Rascheln, das ich gerade höre, merke ich, dass sie jetzt endlich das provisorische Katzenklo entdeckt haben und hoffe, dass sie es auch gleich sinnvoll nutzen - juhu!)
Nun sind sie erst seit ca. fünf Stunden bei mir. Die Fahrt mit dem Bus war für die beiden scheinbar der absolute Horrortrip. Nach ein paar erfolglosen Fluchtversuchen saßen sie beide die meiste Zeit ziemlich starr da, mit geöffneten Mäulern und fuhren die Zunge rein und raus. Ich musste sie beide gut festhalten, um sie nicht weg laufen zu lassen, ihnen aber trotzdem einen einigermaßen freien Blick aus dem Rucksack zu gewährleisten. Zwischendurch sind sie einmal ausgebüchst und es gab eine kleine Verfolgungsjagd im fahrenden Bus.
Nach dem ersten Umsteigen haben sie das Maunzen aufgegeben. Beim zweiten Umsteigen hat sich zumindest Gandalf etwas beruhigt, er blickte sich die ganze Zeit interessiert um, und ich hatte endlich das Gefühl, dass das gute Zureden und Streicheln ein bisschen Erfolg zeigt. Gargamel saß immer noch ganz verkrampft und apathisch da und wartete auf eine Fluchtmöglichkeit.
Als ich sie nach den ganzen Strapazen endlich zu Hause auf meinem Bett abladen konnte, stieg Gandalf aus, ging kaum drei Schritte und machte es sich dort bequem. Als ich mich vorsichtig zu ihm legte und ihn streichelte, schnurrte er auch und ließ es sich gefallen, wirkte aber bei schnellen Bewegungen immer noch etwas ängstlich. So weit, so gut. Ich interpretiere diese dankbare Haltung inzwischen als Symptom der Ermüdung und Erleichterung nach der traumatischen, schaukeligen Busfahrt und dem Straßenlärm. Gargamel hingegen wollte den Rucksack nicht freiwillig verlassen und blieb in seiner Verteidigungshaltung, und als ich ihn streichelte, blieb er ganz steif und gab keinen Mucks von sich. Zwischendurch stand ich ein paar mal auf, um dies und das vorzubereiten (Katzenfutter, ein bisschen hin und her räumen, eine Pizza in den Ofen, Tee kochen, ...), und immer, wenn ich wieder kam, wirkten die beiden etwas nervös aber hatten sich nicht von der Stelle bewegt.
Ich war dann auch gerade ziemlich müde und geschlaucht (habe mir einen schlechten Tag ausgesucht), blieb zu Beginn nur etwa zehn Minuten bei ihnen und versuchte meine Streicheleinheiten gleichmäßig auf beide zu verteilen.
Dann holte ich Gargamel aus dem Rucksack und vom Bett runter und setzte ihn vor das Katzenfutter, woraufhin er gleich in eine sichere und schwer erreichbare Ecke hinter dem Kühlschrank verschwand. Ich holte Gandalf dazu, in der Hoffnung, Gargamel würde sich dann sicherer fühlen, und stellte das Katzenfutter neben den Kühlschrank. Aber die beiden wollten nicht mehr da raus kommen, und ich war zu erschöpft, ihnen jetzt gleich so auf die Nerven zu gehen.
Zwischendurch musste ich dann noch mal schnell los, Katzenstreu besorgen. Als ich wieder kam, saßen sie immer noch da. Gandalf ließ sich mit einigem Widerstreben aber auch wieder von mir auf den Arm nehmen und aufs Bett setzen, und schnurrte dann auch, als ich ihn streichelte. Gargamel ergriff sofort die Flucht, als ich ihn aufs Bett setzte.
Ich beschloss, erst mal eine rauchen zu gehen. Als ich wieder kam, saß Gandalf unterm Bett und Gargamel unterm Sessel. Nach einigem Hin und Her und Hinterhergelaufe meinerseits waren sie beide unterm Sessel und ich beschloss, ihnen Futter und Wasser dort hinzustellen und sie erst einmal in Ruhe zu lassen und zu sehen, wie sie sich so einleben.
Eineinhalb Stunden saßen sie einfach nur bewegunslos da. Dann erwachten sie aus ihrer Apathie, machten sich über das Futter her, fingen vorsichtig an, die Gegend zu erkunden und herzzerreißend zu maunzen. Aber mit mir wollen sie nichts mehr zu tun haben und ergreifen die Flucht.
Ich muss zugeben, dass ich heute wirklich nicht die Muße hatte, mich ausgiebiger mit ihnen zu beschäftigen, und bin auch gerade zum Umfallen müde. Der heutige Tag war wirklich ein denkbar schlechter Zeitpunkt zur Umgewöhnung der kleinen an ihr neues Zuhause. Aber mit diesem schlechten Gewissen kann ich jetzt natürlich auch noch nicht einfach einschlafen, zumal die beiden bestimmt noch die ganze Nacht ruhelos umherrennen und rascheln und maunzen werden, weil sie sich hier mutterseelenallein und von mir eingeengt und verfolgt fühlen.
Im Augenblick laufen sie beide durch die Wohnung und gucken sich alles an. Zwischendurch maunzen sie auch, als würden sie ihre Mutter suchen. Jetzt, wo ich aufgehört habe, ihnen hinterher zu laufen, kommt Gandalf auch manchmal in meine Nähe, rennt aber weg, sobald ich auf ihn zukomme. Ich habe jetzt gerade auch keine Lust mehr, ihn einfach zu schnappen, auf den Arm zu nehmen und zu streicheln. Er schnurrt dann auch nicht mehr und es gefällt ihm offenbar gar nicht.
Ich wollte euch nur mal nach eurer Meinung fragen. Ist da noch was zu retten oder ist die Beziehung zwischen mir und meinen Katzen hoffnungslos?
Was haltet ihr von dem Alter? Sind 10 Wochen vielleicht schon zu alt, um richtig menschenbezogen und vertrauensvoll zu werden, wenn vorher kein so richtig intensiver Kontakt da war?
Dann noch was zu meiner Wohnlage: Ich habe eine Einzimmerwohnung mit Mini-Küche, Mini-Bad und Balkon, Wohnfläche 28 m², Zimmerhöhe 2,50 m. Ich weiß nicht, ob das nicht vielleicht zu klein ist. Erst wollte ich mir nur eine Katze holen, aber dann dachte ich, zu zweit hätten sie bestimmt mehr Spaß. Aber ich fühle mich hier drin auch schon manchmal etwas eingeengt. Ich will auch versuchen, die beiden nach einiger Eingewöhnungszeit mal über den Balkon nach draußen zu lassen. (Wohne im Erdgeschoss. Der Rückweg nach oben sollte mit einer geeigneten Hilfskonstruktion eigentlich machbar sein.) Es gibt hier eigentlich auch viele Möglichkeiten zum Klettern, auf Regalen, Schränken, Tischen, etc. und Möglichkeiten, das ganze noch auszubauen. Aber im Moment verkriechen sich die beiden Katerchen nur und trauen sich nicht auf die oberen Etagen.
Ich weiß - alles, was ich brauche, ist Zeit, Geduld und Liebe. Ich bin nicht völlig unerfahren im Umgang mit Katzen. Aber im Moment zweifle ich etwas daran, ob ich so viel davon aufbringen kann, wie hier gerade nötig ist. Trotzdem würden mich eure Meinungen zu den oben gestellten Fragen interessieren.
Morgen hab ich Spätschicht, also kann ich am Morgen vielleicht noch was mit den beiden unternehmen, sofern ich heute Nacht überhaupt noch ein Auge zu kriege.
Danke schon mal für eure Antworten und gute Nacht!
Unkraut
Neuester Stand der Dinge
23:41: Jetzt sitzen beide unterm Sessel, das Katzenfutter ist zur Hälfte weg, und sie sehen eigentlich ganz zufrieden aus.
23:43: Sie maunzen herzzerreißend vor sich hin, und wenn ich ihnen antworte, maunzen sie noch mehr, aber wenn ich mich nähere, laufen sie weg.
23:46: Ich habe mit Socken vor ihren Augen rumgewedelt und rumgeschmissen und sie haben sich rangepirscht und alles gebannt verfolgt, sich aber nicht getraut, anzugreifen.
23:48: Sie turnen in den Kartons rum und amüsieren sich vorsichtig.
23:50: Gandalf turnt im Regal rum und maunzt mich an, flüchtet aber vor meiner Hand.
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