Geschichten um Miezka
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Das Jüngste Gerücht
Der grosse Denker Albert Einstein hat die Theorie aufgestellt, dass sich im Universum nichts schneller als das Licht bewegen könne.
Er irrte.
Es gibt eine Sache, die sich schneller ausbreitet als jedes Lichtquant es jemals könnte.
Sie braucht dazu keine komplizierten Formeln, sondern breitet sich unhörbar unter dem Siegel der Verschwiegenheit von Mund zu Mund aus.
*
Das letzte Wochenende und die folgenden Tage waren ruhig.
Sehr ruhig.
Beunruhigend ruhig.
Angefangen hatte es am Freitag.
Der Tag war etwas nervig gewesen und ich hatte keine Lust, noch irgend etwas anzufangen.
Also mal eine DVD eingelegt.
Einer dieser Actionteile, bei denen der muskelbepackte Herrscher des Sunshine State California die Hauptrolle spielt.
Man kann dabei so richtig entspannen, ohne gross über das Geschehen auf dem Bildschirm nachdenken zu müssen.
So kurz vor Mitternacht, gedenke ich, mich zur wohlverdienten Ruhe legen zu können.
Sanft schlummere ich so vor mich hin.
Plötzlich weckt mich ein Rumpeln.
Irgendwas ist runtergefallen.
Während ich mich zum Lichtschalter taste, spüre ich wie sich etwas über die Bettdecke schleicht.
Miezka kommt.
Das Licht geht an.
Verschlafen schaue ich mich um.
Miezka sitz in Lauerstellung auf der Bettdecke.
Aha, Spielzeit.
Es ist 2 Uhr 39
Für Miezka durchaus eine soziale Zeit.
Aber erst mal will ich schauen was das für ein Rumpler war.
Im Wohnzimmer liegt ein ganzer Stapel Bücher auf dem Boden.
Ist wohl vom Regal gefallen.
Man muss wissen, Bücher haben die Angewohnheit, ganz von alleine aus dem Regal zu fallen, vorausgesetzt, eine spielende Katze ist im Raum.
Miezka ist mir hinterher und will mich durch sanfte Pfotentatscher zum Spielen animieren.
Aber ja doch, wenn ich schon wach bin.
Und los geht’s.
Miezka spielt fangen.
Sie springt auf den Tisch, wartet, springt unter den Tisch, wartet, auf die Couch, zwischen die Vorhänge und ich immer hinterher.
Ich hab ja jetzt auch Spass an der Sache.
Geht nicht immer so lautlos vor sich, aber was soll’s.
Und weiter geht die wilde Hatz.
Bis....
Ja, bis es an der Wohnungstür klingelt.
Wer mag das sein?
Um die Zeit.
Es klingelt noch mal.
Ja, ja, ich komm ja schon.
In der Erwartung, eventuell ein hübsches Girl im Negligee vor der Tür stehen zu sehen, ziehe ich den Morgenmantel über.
Da klingelt es nochmal, diesmal energischer.
Gleichzeitig sind mit einer gewissen Deutlichkeit die Worte „Aufmachen, Polizei!“ zu hören.
Oh, oh.....
Als ich die Türe öffne, stehen zwei mir nicht bekannte Herren in seltsamen grünen Anzügen auf dem Flur und bestehen auf Einlass.
Na ja, die Karnevalszeit hat ja bereits begonnen.
Auf meine Frage, was das denn solle, wird mir geantwortet, dass sie vom Nachbarn gerufen worden sind, da dieser aufgrund verdächtiger Geräusche vermutet hatte, bei mir sei eine Massenschlägerei im Gange.
Auf dem Flur haben sich derweil einige Nachbarstüren spaltweise geöffnet.
Von mir wird mein Ausweis verlangt.
Nachdem das Auge des Gesetztes sich überzeugt hat, dass ich derjenige, wohnhaft in hier und da, geboren dort und so, bin, und somit der, der ich vorgebe zu sein, inspizieren sie die Wohnung.
Beherberge ich hier etwa Terroristen oder eine illegale Schnapsbrennerei?
Habe ich eine Bank überfallen?
Das wüsste ich aber!
Auf meine Erklärung, dass ich mit der Katze gespielt habe, bekommen sie sehr dümmliche Gesichtsausdrücke.
Aber wie gesagt, es ist Karnevalszeit.....
Miezka hat sich in ihre Katzenhöhle zurückgezogen und beäugt misstrauisch die Vorgänge.
Nachdem sie sich dann doch von der Richtigkeit meiner Aussage überzeugen haben lassen, ziehen sie ab, nicht ohne die Ermahnung zu hinterlassen, fürderhin solcherart lautstarker Spiele zu entsagen. Jedenfalls zu nachtschlafender Zeit.
Nun hatte alles seine Richtigkeit und ich gelobe hiermit feierlich, auf nächtliche Ruhestörungen mit Miezka zu verzichten.
Am nächsten Morgen kam mir das alles wie ein schlechter Traum vor.
Frohgemut begab ich mich in die direkt neben dem Haus gelegene Bäckerei zum Behufe der Besorgung einiger schmackhafter Frühstücksbrötchen.
Fünf oder sechs Leute war in dem Laden.
Darunter auch die Frau, die mir schräg gegenüber wohnt.
Offensichtlich war ein lebhaftes Gespräch im Gange, das schlagartig verstummt, als ich den Raum betrete.
Verstohlene Blicke wenden sich mir zu.
Habe ich eine Warze auf der Nase?
Seh’ ich aus wie Frankensteins Monster?
Aber die Frühstücksbrötchen werden mir trotzdem verkauft.
Am Hauseingang werde ich von einem völlig Unbekanten gefragt: „Was war denn letzte Nacht bei ihnen los?“
Also, jetzt reichts!
Das Mass ist voll und das ist klar.
So voll wie es noch niemals war!
Es hilft nur Flucht nach vorne.
Ob diese Idee allerdings so ideal war bezweifle ich mittlerweile.
Denn Miezka wird von mir geschnappt und zur Bäckerei mitgenommen.
Ich glaube, ich habe zuwenig Brötchen gekauft und muss noch mal hin.
Es ist zwar dort ein Schild vor der Tür: Hunde müssen draussen bleiben.
Aber ganz genau: Hunde!
Von Katzen ist nicht die Rede.
Also rein in den Laden.
Giftige Anmache der Verkäuferin: „Die Katze darf hier nicht rein:“
„Die macht doch nichts, die bleibt auf meinem Arm.“
„Die muss raus!“
„Ist doch kein Hund.“
Seltsamer Blick der Verkäuferin.
„Ich bin auch gleich wieder weg. Ich brauche nur noch zwei Brötchen.“
Giftiger Blick.
Sehr giftiger Blick.
Aber sie Packt mir 2 Brötchen ein.
Beim Rausgehen ruft sie mir noch nach: „In Zukunft gibt’s das nicht mehr!“
Mittags habe ich noch in der Innenstadt zu tun
An der Haustüre begegne ich einem Ehepaar, das im gleichen Haus wohnt.
Die beiden kenne ich vom Sehen.
Ich grüsse und im vorbeigehen höre ich sehr deutlich, wie die Frau ihrem Mann etwas zuflüstert.
Alles kann ich nicht verstehen.
Nur das Wort „Katzenschänder“ ist deutlich zu vernehmen.
Okay, ich gebe mich geschlagen.
Miezka und ich werden auswandern.
In die Sahara.
Oder in die Antarktis.
Oder besser noch auf den Mond. -
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Viva la Revolution
Katzen, so wissen wir, sind an Weltanschauungen und Ideologien nicht interessiert.
Obwohl ich manchmal denke, dass da einiges besser laufen würde, wenn eine Samtpfote als Kanzlerin anstelle von...
Aber lassen wir das.
Noch nie hat sich eine Fellnase sich für dererlei Dinge interessiert.
Warum auch, diese Dinge sind, so scheint’s, absolut menschlich.
Bei Miezka allerdings kommen mir in letzter Zeit leichte Zweifel.
*
Nach dem Ärger mit dem nächtlichen Besuch der Polizei und dem Gerede der Nachbarn beschloss ich, einfach einige Tage wegzufahren.
Meine Wahl fiel auf Uwe, ein alter Freunde von mir.
Einfach mal wieder eine gute Unterhaltung bei ein paar Bieren.
Er hat seit einiger Zeit auch eine Katze, Josephine.
In ihrem Tierpass ist Josephine Mutzenbacher eingetragen.
Über die Hintergründe dieser Namensgebung möchte ich mich hier lieber nicht auslassen.
Miezka kommt natürlich auch mit.
Das Katzenkörbchen wird eingepackt und dazu ein paar Spielsachen für Miezka.
Unter anderem ihr Lieblingsspielzeug: Jenes Hightechprodukt, das imstande ist, einen intensiven roten Punkt auf jeden beliebige Oberfläche zu werfen.
Genau, den Laserpointer.
Miezka ist ganz verrückt danach.
Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, Josephine und Miezka kennen sich und nach anfänglichen Schwierigkeiten vertragen sie sich recht gut.
Sie begrüssen sich erst mal.
Nach einiger Zeit hat sich Josephine zurückgezogen und döst auf einem Sessel vor sich hin.
Miezka unterzieht derweil die Wohnungseinrichtung einer intensiven Begutachtung.
Uwe hat mehrere Poster an der Wand, unter anderem eines der berühmtesten Fotos der Welt.
Es zeigt, schwarz auf rotem Grund, in stilisierter Form das Konterfrei des Commandante Ernesto „Che“ Guevara.
Uwe hat das nicht etwa an der Wand hängen, weil er rot angehaucht wäre, er findet es einfach nur cool.
Er ist nicht politisch engagiert und war bis vor einiger Zeit sogar der Meinung, dass Che ein kolumbianischer Drogenbaron gewesen wäre.
Man kann zum Commandante stehen wie man will, aber in fotografischer Hinsicht ist das Bild einfach perfekt.
Licht, Gesichtsausdruck, Perspektive, alles stimmt.
Plötzlich: „Miau!“
Josephine faulenzt und Miezka kommt mit der Betteltour.
Also schön, ich habe Katzensticks dabei, du kannst eins haben.
„Miau!“
Was, kein Interesse?
Uwe versucht’s auch, aber Miezka steht heute irgendwie nicht auf Leckerlies.
Die Mutzenbacherin dafür um so mehr.
Mit einem Satz ist sie auf Uwe’s Schoss und hat sich das Häppchen geholt.
Jetzt ist aber Miezka auch auf den schmackhaften Stick scharf.
Unverschämte Frechheit, einem das beste Stück einfach vor der Nase wegzuschnappen.
Warum schreitet Dosi da nicht ein?
Mit einem Sprung ist sie bei Uwe und die beiden Fellnasen fauchen sich an.
Uwe verschüttet fast sein Bier bei der Aktion.
Und weiter geht’s im eifersüchtigen Gezerfe der beiden Haustiger.
Dieses nimmt nach einigen Sekunden fast den Status eines Kriegszustandes ein.
Beide werden erst mal auf den Boden gesetzt, wo die Fauch- und Maunzorgie ihren Fortgang nimmt.
Pfoten werden drohend erhoben und die Krallen gezeigt.
Aus mit Friede, Freude, Eierkuchen.
Ein gewisses Eingreifen der Dosis ist jetzt dringenst angesagt.
Aber wie?
Man muss die Beiden anderweitig beschäftigen.
Mal sehen.
In der Reisetasche ist der Laserpointer, der sollte doch für Ablenkung sorgen können.
Also wird das Produkt der fernöstlichen Halbleiterindustrie hervorgeholt.
Und tatsächlich wenden sich sofort alle vier Katzenaugen dem wandernden roten Spielzeug zu, ungeachtet der Tatsache, dass zumindest Miezka weiss, dass der niemals zwischen die Krallen zu bekommen ist.
Josephine und Miezka hechten gemeinsam dem nicht greifbaren Spielzeug nach.
Quer durchs Zimmer, hin und wieder zurück.
Jetzt will aber Uwe das auch mal versuchen.
Er lässt den Punkt mehrmals am Boden hin und her wandern.
Zwei Katzen auf acht Pfoten hinterher wie der Teufel nach der armen Seele.
Dann ein Stück die Wand hoch und wieder zurück.
Die beiden springen an der Wand hoch.
Sieht schon irgendwie lustig aus.
Jetzt ist der Punkt auf dem Sideboard und wandert von dort in Richtung des besagten Posters.
Dort verharrt er.
Miezka von Tisch auf das Sidebord, das ist eins.
Und dann mit vollem Schwung am Poster hoch.
Die Folgen sind fatal.
Denn leider ist so ein Poster nicht dazu geeignet, messerscharfen Katzenkrallen standzuhalten.
Der Commandante sieht jetzt etwas zerfetzt aus.
Bevor jemand von uns aufstehen und Miezka herunterholen kann, hat die schon zum nächsten Sprung auf den jetzt nicht mehr vorhandenen Punkt angesetzt und Che bekommt einen weiteren Schmiss direkt durch seinen revolutionären Bart.
Könnte eigentlich direkt als Kunst durchgehen.
Jetzt hab ich Miezka im Griff und schimpfe mit ihr.
Beleidigt legt sie sich unter den Tisch, von Josephine misstrauisch beäugt.
Natürlich entschuldige ich mich bei Uwe, mit dem Versprechen, ein neues Poster aufzutreiben.
Die Aufregung hat sich gelegt und alles scheint wieder im Lot zu sein.
Und nach einiger Zeit und einem weiteren Bier achtet niemand mehr auf die beiden Katzendamen.
Eine der Beiden, nämlich die rote Miezka; ist ganz vorsichtig auf das Sideboard gesprungen und fängt an, mit den herunterhängenden Papierfetzen des Posters zu spielen.
Anscheinend hat sie ein Faible für den verstorbenen Revolutionär.
Nur bekommt das besagtem Revolutionär nicht besonders.
Sein Bildnis ähnelt jetzt mehr einer Picassoskulptur.
Auch ganz interessant.
Nicht desto trotz muss sie da runter.
Das Poster auch, es ist sowieso hinüber.
Also nimmt Uwe es von der Wand, rollt die Reste zusammen und legt es auf den Tisch.
Aber Miezka gibt sich nicht zufrieden damit, sie fängt an mit dem aufgerollten Che zu spielen, welcher sich dadurch in weitere Einzelteile zerlegt..
Scheinbar ist sie doch ein grosser Fan von ihm.
Soll sie, in diesem Land herrscht nach dem Gesetz Meinungsfreiheit.
Sie muss mir nur den Text zukommen lassen, den ich auf ihre Plakate schreiben soll, wenn sie mal auf einer Demo mitmarschiert. -
Eisprinzessin
Wir schreiben Januar 2009.
Ganz Deutschland ist von der Kälte besetzt.
Ganz Deutschland?
Nein!
Ein unerschrockenes Katzentier bietet dem kalten Eindringling erfolgreich Paroli.
Und das Leben ist nicht leicht für die Eindringlinge aus dem Ländern Erfierum, Eiskatltum und Schneeflockum.
*
Ich muss zugeben, im Freien war im Januar eine gewisse Kühle.
Nicht diese Abkühlung, wie man sie abends an heissen Sommertagen sehnsüchtig erwartet.
Die Temperaturen folgen eher der allgemeinen Wirtschaftslage.
Mit anderen Worten, es war arschkalt.
Als Ausgleich offeriert diese Kälte, ich kann das nicht verhehlen, eine gewisse Schönheit.
Zum Beispiel ist der nahegelegene See im Seepark dann vollständig zugefroren.
Da sollte man doch mal schauen, ob das Eis schon trägt.
Miezka soll zuhause bleiben, es ist zu kalt.
Also behänge ich mich mit diversen wärmenden Überzügen in Form von Pullover und Jacke.
Und los geht`s.
Nur geht an der Wohnungstür ein Gemaunze los.
Miezka kann nicht verstehen, warum Dosi alleine rausgeht.
Sie besteht beharrlich auf Begleitung ihrerseits.
Sehr beharrlich.
Sehr, sehr beharrlich.
Na schön, dann kommst du eben mit, wirst schon sehen, wie sich das Nichtvorhandensein von Wärme auswirkt.
Sie bekommt wie üblich ihr Katzengeschirr angelegt.
Über die Strasse wird sie getragen und auf dem Weg zum Seepark geht sie an der Leine.
Aber eben dieser Weg ist anders als sonst.
Wo zum Geier ist das Gras?
Und alles ist weiss.
Es ist jetzt der dritte Winter, den Miezka erlebt, und ob sie sich noch an die vorherigen erinnert weiss ich nicht.
Jedenfalls wird das weisse Zeug erst mal begutachtet.
Ist schon seltsam, manchmal bleibt es an der Pfote hängen.
Und kalt ist es ausserdem.
Da will frau lieber von Dosi getragen werden.
Ha, ich hab’s dir ja gleich gesagt, Winter ist nicht das was eine Fellnase erwartet.
Aber am Seepark wird Miezka erst mal abgeleint.
Jetzt kann sie herumstromern.
Aber das Katzentier begegnet der weissen Pracht erst mal äusserst misstrauisch und bleibt vorerst mal lieber in Dosis Nähe.
Der gedenkt, sich aufs Eis zu begeben.
Der See ist total zugefroren und eine Menge Leute tummeln sich auf dem Eis.
Also stapft Dosi durch den Schnee auf das Eis zu.
Miezka hat mittlerweile ihr Misstrauen gegenüber dem weissen Zeug verloren und fängt ungeachtet der klirrenden Kälte an, damit zu spielen.
Man kann da so interessante Spuren im Schnee hinterlassen.
Und richtig anfassen kann man es auch nicht.
Komisch, nach einiger Zeit wird es nass!
Kalt ist es, aber es ist weich, wenn man sich reinlegt.
Macht nichts, wozu hat man ein wärmendes Fell.
Dosi hat sich derweil in Richtung der Eisfläche begeben.
Nun hatte ich vor langer, langer Zeit mal Schlittschuhe, aber ich bezweifle, dass mir diese noch passen würden, wenn ich sie denn noch hätte.
Denn so wie’s aussieht sind meine Flurschadentreter den Kindergrössen entwachsen.
Aber es geht auch so.
Da sind jetzt Rutschbahnen auf dem Eis und es macht wirklich Spass, auf dem Eis zu schlittern.
Nur bin ich da jetzt ziemlich weit von Miezka weg.
Die hat sich zwar mit der weissen Kälte bestens arrangiert, aber es ist trotzdem etwas unbekanntes.
Daher wird lieber mal nach Dosi geschaut.
Nur ist der weit draussen auf dem Eis.
„Miauuuuu!!!!!!“
Ich will zu Dosi!
Na, dann komm doch her.
Also schnell mal zu ihm gerannt.
So ein Sprint durch den Schnee hat schon etwas!
Nur dass besagter Schnee eben auch endet und eine grosse Eisfläche beginnt.
Und genau diese Eisfläche hat die völlig unerwartete Eigenschaft, glatt und rutschig zu sein.
Miezka, in voller Fahrt, kommt mit dieser Eigenschaft des kalten Elementes nicht so richtig klar.
Total verständlich, sie heisst weder Knut, noch ist sie mit Eisbären in sonst irgend einer Form verwand.
Jedenfalls kommt sie nach zwei Metern auf dem Eis etwas aus dem Gleichgewicht.
In totaler Schieflage schlittert sie einige Meter, sehr zur Erheiterung einiger Leute.
Jetzt versucht sie, wieder auf die Beine zu kommen, aber irgendwie kann man sich an der glatten Oberfläche nicht festhalten.
Der zweite Versuch klappt.
Da steht sie und traut der ganzen Sache nicht über den Weg.
Aber genau dieser Weg führt zu Dosi, der sich mittlerweile auf besagten Weg zu ihr gemacht hat.
Ich hab’s dir gleich gesagt, Hochwinter ist nichts für Katzen.
Vorsichtig wird jetzt das Eis mit der Pfote abgetastet, aber das Misstrauen steht ihr trotzdem ins Gesicht geschrieben.
Dann mal einige Schritte.
Na, bitte, es geht doch.
Endlich bin ich bei ihr und nehme sie auf den Arm.
„Miauuuuu!!!!!!“
Ist ja gut, brauchst nicht mehr aufs Eis.
„Miauuuuu!!!!!!“
Sie will wieder runter, ich glaubs nicht!
Also wird sie wieder abgesetzt, diesmal in den Schnee neben der Rutschbahn, mal sehen, was sie jetzt macht.
Hier ist sie wieder total standsicher.
Aber....
Diese seltsame Oberfläche bedarf dringend einer näheren Inspektion.
Sie ist dunkel und irgendwas bewegt sich darunter.
Es riecht nach nichts.
Daran kratzen kann man.
Wenn man also daran kratzen kann und es wehrt sich nicht, ist’s auch nicht gefährlich.
Erst mal ein Schritt darauf.
Und noch einer.
Aha, so geht das also, man darf nur nicht darauf rennen.
Aber die Bewegung darunter macht noch mehr neugierig.
Dosi sagt was von Luftblasen, keine Ahnung was das sein soll.
Gaaaanz vorsichtig bewegt sich Miezka jetzt auf dem Eis, aber sie wird mit jedem Schritt sicherer.
Wer weis, was mal aus ihr wird, wenn sie weiter so trainiert.
Es kann ja sein dass sie in die Fussstapfen einer Marika Kilius oder Katarina Witt tritt.
Jedenfalls sollte ich diesen Aspekt nicht aus dem Auge verlieren. -
Jagdfieber
Jagdrevier ist Jagdrevier, da gibt’s kein Pardon.
Dieses wird gegen fremde Eindringlinge verteidigt und vor allem, alles was darin ist, zum Erlegen freigegeben.
Miezka ist da genau dieser Meinung.
Nur kann es doch manchmal an der Tücke des Objekts scheitern....
*
Was für ein schöner Tag.
Es ist zwar schon Ende September, aber noch so halbwegs warm.
Also beschliesse ich kurzfristig, mit Miezka wieder in den Seepark zu gehen.
In dem Moment, in dem ich ihr Katzengeschirr hervorhole, weiss sie schon, dass es jetzt rausgeht.
Die Anlegeprozedur geht ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne, vielleicht nur durch die Tatsache behindert, dass Miezka heute ziemlich ungeduldig ist.
Sie will raus.
Über die Strasse wird sie getragen und auf dem Weg zum See läuft sie an der Leine.
Dieser Weg ist nur ca. 200 Meter lang, aber ihn zurückzulegen dauert schon einige Zeit.
Denn da gibt es ja sooooo viel Interessantes, das inspiziert und beschnüffelt werden muss.
Aber was soll’s, es ist Wochenende und ich habe Zeit.
Miezka auch.
Kurzfristig ist eine mir unbekannte Katze zu sehen, aber die verdrückt sich schnell zwischen den Büschen.
Leute mit Kindern kommen entgegen.
Viele der Kinder wollen Miezka streicheln, die alles mit totaler Ignoranz über sich ergehen lässt.
Mit manchen Leuten komme ich kurz ins Gespräch, von wegen Katze an der Leine und so.
Einige habe ich schon öfter mit Miezka hier getroffen und sie kennen den Anblick.
Endlich bin ich am See und kann Miezka ableinen.
Wie immer bleibt sie erst mal einige Minuten in meiner Nähe, bevor sie die Umgebung erkundet.
Nur hat sich heute etwas geändert.
Denn Dosi denkt nicht daran, direkt zum See zu gehen.
Da ist nämlich das Seerestaurant und das hat eine Gartenwirtschaft.
So ein kühles Getränk wäre jetzt nicht schlecht.
Also sucht sich Dosi einen freien Platz in der Gartenwirtschaft und lässt sich darauf nieder.
Miezka weis erst nicht, was sie von dem ungewohnten Meinungswechsel halten soll, kommt mir aber nach einiger Zeit hinterher.
Sie weiss, wenn ich mich hier irgendwo niedergelassen habe, kann sie mich an diesem Ort wiederfinden.
Sie streicht mir erst mal um die Beine und macht dann Anstalten, das neue Revier zu erkunden.
Viele Leute sind hier und sie wird schon etwas bestaunt ob dieser Aktion.
Nun ist es so, dass zur Gartenwirtschaft so eine Art Pommesbude gehört, an der vor allem Kinder dieses fetthaltige Kartoffelprodukt konsumieren.
Dabei kommt es schon mal öfter vor, dass der eine oder andere Kartoffelstick zu Boden fällt.
Dies lockt weitere Gäste der Gartenwirtschaft an.
Diese Gäste sind nicht eingeladen und gehören zur fliegenden Zunft.
Will heissen, eine ganze Schar von Spatzen ist auf eine Zwischenmalzeit scharf.
Und Miezka hat Vögel zum fressen gern, Krähen ausgenommen, da hat sie schlechte Erfahrungen gemacht.
Zu gern hätte sie jetzt auch eine Zwischenmalzeit in Form eines schmackhaften Sperlings.
Nur das eben diese Sperlinge zwar frech sind, aber fliegen können.
Also in Lauerstellung unter einem Tisch und los.
Schade, das Flugtier war schneller.
Nächster Versuch.
Wieder nichts, diesmal war’s höhere Gewalt.
Einer der Gäste hat die Aktion bemerkt und die Vögel rechtzeitig vertrieben.
Jetzt wird erst mal gelangweilt und scheinbar dem Federvieh desinteressiert gegenüber zwischen den Tischen stolziert.
Oh, das kenn ich, reines Ablenkungsmanöver.
Da wird der wirkliche Feind entdeckt.
Ein kleiner Hund vom Typ Pelzknäul, so mit blauer Schleife und rosa Arschloch.
Der ist an einem Tisch angeleint, an dem zwei Damen sitzen, intensiv in ein Gespräch vertieft.
Sofort buckelt Miezka und ihr Schwanz nimmt die Form einer Klobürste an.
Jetzt sollte ich aber eingreifen, sonst ist das Pelzknäul Katzenfutter.
Die Minitigerin ist nämlich fauchend bereits in voller Angriffsstellung.
Also hole ich die protestierende Miezka erst mal zu mir.
Durch diese Aktion bekommen die meisten Leute erst mit, dass das Katzentier zu mir gehört.
Die Blicke, die ich ernte, reichen von voller Zustimmung bis zur totalen Ablehnung.
Haben die noch nie eine Fellnase gesehen?
Nach einiger Zeit hat sich Miezka wieder beruhigt und ich kann sie wieder runterlassen.
Also geht’s weiter mit der Vogelhatz.
Vogelhatz?
War wohl nichts.
Denn anscheinend hat sich unter dem Flugpersonal herumgesprochen, dass der Feind Bodentruppen einsetzt.
Jedenfalls hat sich die freche Luftflotte an den Rand der Gartenwirtschaft und somit in sichere Entfernung zurückgezogen.
Hundejagd ist auch nicht, denn Pelzknäul befindet sich mittlerweile auf dem Schoss seines Frauchens.
Also wird einfach mal die Gegend erkundet.
Aber halt!
Bis zum See sind es nur ungefähr 10 Meter und da ist was ganz interessantes.
An dieser Stelle ist das Ufer gepflastert und geht ganz flach in den See über.
Hier tummeln sich Enten, die, obwohl es verboten ist, von Spaziergängern gefüttert werden.
Und einige sind an Land!
Nun kennt Miezka zwar Enten, aber nur wenn sie draussen auf dem Wasser sind.
An Land nicht.
Nun denn, Dosi bringt manchmal Ente in der Dose, da müsste man doch mal testen, wie die ganz frisch schmecken.
Also gaaaanz flach an den Boden gedrückt.
Die Enten fetten ihr Gefieder und bemerken das Raubtier in Lauerstellung nicht.
Zentimeter um Zentimeter schiebt sich Miezka an die Enten heran.
Ausser mir verfolgen noch einige Gäste der Gartenwirtschaft diese Aktion, aber niemand greift ein.
Ich auch nicht.
Doch mal sehen, wie das ausgeht, eingreifen kann ich immer noch.
Miezka ist nach unendlich langer Zeit und unglaublicher Geduld bis auf eineinhalb Meter an die Enten herangekommen.
Immer wieder schaut eine Ente in die Runde, aber sie ist entweder mit Blindheit geschlagen oder dumm wie Bohnenstroh.
Jedenfalls macht keiner der Wasservögel Anstalten zur Flucht.
Dann geht alles so blitzschnell, dass das Auge dem Geschehen fast nicht folgen kann.
Miezka schnellt vor und verkrallt sich in eine Ente.
Die Anderen flüchten unter aufgeregtem Geschnatter auf den See.
Ha, endlich hat die Stubentigerin mal so einen Vogel erwischt.
Nur ist eben dieser Vogel kein kleiner Spatz, sondern fast so gross wie sie.
Das heisst, sie kann ihn nicht mit einem Schlag erlegen.
Der Wasservogel macht das, was Wasservögel in dieser prekären Situation eben machen.
Er versucht auf eben dieses Wasser zu entkommen.
Zusammen mit Miezka, die sich in ihn verkrallt hat.
Beide sind jetzt im Wasser.
Aber Wasser und Miezka, das passt auf gar keinen Fall zusammen.
Ente hin und Ente her, hier ist das Ende der Fahnenstange erreicht.
Sie lässt von ihrer schwimmenden Jagdbeute ab.
Die flüchtet laut schnatternd auf den See.
Zurück bleibt eine frisch gebadete Miezka, die dem Objekt ihre Begierde sehnsuchtvoll nachschaut.
Ins Wasser traut sie sich nicht.
Aber wer weis, wer weis, der See ist nahe und vielleicht lässt sie sich mal bei der Bundeswehr ausbilden.
Als Kampfschwimmerin.
Wundern würde mich das nicht. -
Der gestiefelte Kater 2.0 (Teil 1)
Miezka ist bei Julie zu Besuch.
Julie ist eine liebe Katze, sie hat 3 Junge, die Miezka sehr mag.
Aber die drei Kitten nerven.
Ihnen ist langweilig.
„Miezka, Miezka, erzähl uns eine Geschichte.“
„Oh ja.“
„Bitte, bitte!“
„Also gut, dann erzähle ich euch die Geschichte vom gestiefelten Kater, so wie sie sich wirklich zugetragen hat.“
*
Der König Lukrazius der Neunte, den man auch den Prächtigen nannte, herrschte über Alborien.
Er hatte eine Tochter, die er über alles liebte. Diese Tochter, die Prinzessin Amelia, war ganz lieblich anzuschauen und auch sonst war sie das liebste Mädchen, das man sich denken konnte.
Nur wollte sie König Lukrazius niemandem zur Frau geben, es war ihm einfach keiner gut genug. An jedem hatte er etwas auszusetzen, sei es, dass er nicht von genügend edler Abstammung wäre, oder er wäre kein rechter Held, oder einfach die Haarfarbe würde nicht zu ihr passen.
Die Prinzessin war deswegen sehr betrübt und sie wünschte sich nichts mehr, als dass einer käme, der ihrem Vater recht wäre.
Sie hatte aber eine kleine Maus in einem goldenen Käfig, das war ihr einziger Spielgefährte.
Im Käfig hatte die Maus ein Laufrad und ein kleines Häuschen, in dem sie schlief.
Wieder einmal waren viele Bewerber um die Hand der Prinzessin ins Schloss gekommen.
Unter ihnen war verkleidet der Räuberhauptmann Mantinas der Schreckliche.
Am nächsten Tag sollten sich alle dem König vorstellen.
In der Nacht aber schlich sich Mantinas heimlich in die Gemächer der Prinzessin.
Die wollte er entführen und ein Lösegeld erpressen.
Aber die Wachen entdeckten ihn und er versteckte sich in einer Kammer.
Dies war aber die Kammer in welcher der goldene Käfig mit der Maus stand.
Mantinas sah sofort, welch Möglichkeit sich ihm hier bot.
Der Schlüssel steckte im Schloss des Käfigs und so öffnete er ihn.
Die Maus schlief in ihrem Mausehäuschen und so nahm Mantinas das Häuschen mitsamt der Maus.
Dann versteckte er sich bis zum Morgen und schlich sich dann unerkannt aus dem Schloss.
Als entdeckt wurde, was geschehen war, gab es einen grossen Aufruhr und die Prinzessin flehte Ihren Vater an, alles zu tun, um das Mäuschen wieder herbeizuschaffen.
Sie fiel in Trübsinn und wollte mit niemandem mehr reden, auch nicht mit ihrem Vater.
Am nächsten Tag kam ein Bote ins Schloss und brachte eine Botschaft von Mantinas:
Wenn der König die Maus wiederhaben und damit die Prinzessin aus ihrer Trübsal hervorholen wolle, solle er abdanken und ihm ganz Alborien und alles was darin ist übergeben.
Der König sandte darauf seine Reiterei aus um den Räuberhauptmann zu fangen und das Mäuschen wieder herbeizubringen.
Aber sie konnten ihn nicht finden.
Der König berief daher alle Weisen des Reiches zusammen, um vielleicht zu erfahren, wie man Mantinas habhaft werden könne.
Viele kamen an den Hof, Räuberologen, Kitnapisten, Vielwisser, Alleswisser und sogar ein Professor.
Über diese und jenes, die Räuberei betreffend, sprachen sie, aber am Schluss war der König so gescheit wie vorher.
Daher machte er einen Aufruf an seine Untertanen:
Dies und das wäre passiert, der schamlose Räuber Mantinas habe die Maus der Prinzessin entführt und wer der Prinzessin die Maus wiederbeschaffen könne, der bekäme sie zur Frau und würde obendrein Kanzler des Reiches.
Davon hörte auch der arme Robert.
Der war Flickschuster in der Stadt und lebte mehr schlecht als recht.
Das Einzige was ihn erfreute war sein Kater Diabolino, den hatte er lieb.
„Ach,“ dachte er, „wenn ich auch nur ein Held wäre, dann könnte ich in die Welt hinausziehen und der Prinzessin ihr Mäuschen zurückbringen.“
Und er dachte das nicht nur, er sprach auch so zu Diabolino, so als ob der ein Mensch wäre.
Aber Diabolino verstand jedes Wort.
Und zu Roberts bleibendem Erstaunen fing Diabolino an zu reden.
„Lass mich nur machen. Du warst immer gut zu mir und hast immer für mich gesorgt, auch wenn es dir nicht gut ging. Daher will ich dazu beitragen, dass dein Wunsch erfüllt wird.“
„Wie soll das denn gehen, ich bin doch nur ein armer Flickschuster und du nur ein Kater.“
„Eben dieses meine ich. Nimm von den Resten des Leders, was du hast und mache mir ein Paar Stiefel daraus. Dann wirst du schon sehen dass übers Jahr alles ins Lot kommt.“
Robert war erstaunt über diesen Wunsch, aber er machte sich ans Werk und nach einiger Zeit waren die Stiefel für Diabolino fertig.
Die zog er an und ging aufrecht wie ein Mensch aus dem Haus.
In der Zwischenzeit waren viele Helden, die von dem Aufruf gehört hatten, ins Schloss gekommen.
Da kam Elefatis von ungeheurem Wuchs und in massiver Panzerung.
Arachno kam, der seine Feinde in selbstgesponnene Netze einhüllte.
Und es kam Electrophorus, blinkend und blitzend.
Maxischreck und Morischreck, die beiden Schnellen, die alle Feinde überspringen konnten.
Es kam Definitus, der alleine durch sein Denkvermögen jeden besiegen konnte.
Und ganz zu Schluss stand bescheiden an der Tür des Thronsaales ein kleiner Kater in Stiefeln.
Das war Diabolino, den hatten die Wachen eingelassen, weil er die Stiefel trug.
Sie hatten noch nie eine sprechende Katze in Stiefeln gesehen und dachten, er wäre etwas besonderes.
Wie sie so alle vor dem König standen, schien es, als sei Diabolino der geringste von allen.
Und alle zogen sie fort um das Mäuschen für die Prinzessin zu finden.
Als erster zog Elefatis aus. Nach langer Reise gelangte er in das Land Manega.
Am meisten liebten die Maneganer den Zirkus und die Tiere in der Manege.
Sie freuten sich, ihn zu sehen und sie zeigten keine Furcht.
Das verwunderte ihn sehr, war er doch wohl gerüstet.
Doch die Maneganer waren ein sehr listiges Volk. Sie gruben eine tiefe Grube, lockten ihn dort hinein und fingen ihn so.
Dann legten sie ihn in Ketten und jeden Tag musste er Kunststücke in der Manege für sie aufführen.
Den Zweite, Arachno, verschlug es nach Norden, denn er dachte, dass in der Eiswüste für Mantinas ein gutes Versteck wäre.
So hoffte er, ihn zu finden.
Wie er aber immer weiter nach Norden kam, wurde es immer kälter und die Tage immer kürzer, bis es überhaupt nicht mehr Tag wurde.
Arachno wusste nicht mehr wo er war und wie er zurückfinden sollte.
Da spann er ein Netz und hüllte sich darin ein, damit er nicht erfröre.
So irrt er bis zum heutigen Tag immer noch in den eisigen Gefilden und hat keine Aussicht jemals wieder zurückzukommen.
Electrophorus ging die Sache anders an.
Er begab sich nach Zerbalien. Die Leute dort waren als Denker berühmt.
Ihnen wollte er erzählen, was er über Mantinas wusste und sie sollten dann herausfinden, wo er ihn finden konnte.
Die Zerbalier sahen schon von weiten sein funkeln und blitzen. Und da sie eins und eins zusammenzählen konnten, wussten sie, dass eine grosse Gefahr auf sie zukäme. Denn wenn sie Electrophorus alles gesagt hätten, was er wissen wollte, würde er sie vernichten, schon um zu verhindern, dass die anderen Helden auch an dieses Wissen kämen.
Sie brauchten nicht lange zu beratschlagen um eine Lösung zu finden.
Sie zerstörten die einzige Brücke, die über den Fluss zu ihrer Stadt führte.
Als nun Electrophorus sah, dass keine Brücke in die Stadt führte, begann er, den Fluss zu durchwaten.
Aber kaum hatte das Wasser seine Beine berührt, gab es ein Zischen und Dampf stieg auf. Electophorus fiel um, ganz ins Wasser, der Fluss brodelte und dampfte und das war das Ende des Electophorus.
Maxischreck und Morischreck wollten über das Land springen und alles niedermachen was sie fanden. So hofften sie, auch Mantinas zu erwischen.
Sie sprangen durch viele Länder und verwüsteten sie, aber Mantinas fanden sie nicht.
Zum Schluss sprangen sie immer höher um zu sehen ob da nicht doch etwas wäre.
Schliesslich sprangen sie höher als der Mond ist und wurden nie wieder gesehen.
Definitus schliesslich ging anders vor.
Er ging erst einmal nach Hause. Dort setzte er sich hin und dachte nach.
Das tat er ein Jahr lang. Endlich kam er zu einem Schluss:
Niemand konnte Martinas oder die Maus finden, zu gut waren sie versteckt.
Er schämte sich aber, mit dieser Erkenntnis zum König zu gehen.
Deshalb schnürte er des Nachts heimlich sein Bündel und verliess das Land für immer. -
Der gestiefelte Kater 2.0 (Teil 2)
Über ein Jahr war vergangen und der König hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, dass jemals einer der Helden zurückkäme.
Da wurde ihm gemeldet, dass ihn Diabolino zu sprechen wünsche.
Und tatsächlich, Diabolino war zurück und er hatte die Maus mitgebracht.
Mit grossem Pomp wurde er empfangen und musst sofort erzählen, wie es ihm denn ergangen sei.
Er erzählte wie er in das Land der Promusker gereist sei, von denen bekann sei, dass der Räuber Mantinas oft dort war. Dort habe er erfahren, dass Mantinas immer aus dem Süden in das Land kam. Also machte er sich auf den Weg in den Süden. Wüsten mit schlimmen Sandstürmen musste er durchqueren, den Stamm der Pavonen besiegen, reisende Flüsse alleine überqueren und dabei gegen riesige hungrige Krokodile kämpfen. Aber die habe er schliesslich alle besiegt.
Endlich sei er in das Land der Kerobier gekommen, die den Weg zu Mantinas wussten.
Undurchdringliche Wälder und riesige Berge musste er auf dem Weg dorthin bezwingen, bis er endlich allen Wiedernissen zum Trotz in das Land des Mantinas kam.
Einen schrecklichen Kampf gab es dort, aber letztendlich habe er Mantinas besiegt und das Mäuschen zurückgewinnen können.
Über die Rückreise wollte er sich nicht mehr gross auslassen.
Der König und sein Gefolge hatten dem Bericht gespannt zugehört und waren so erstaunt darüber, dass sie nicht weiter fragten.
Nun gingen sie alle zu der Prinzessin Amelia die weinend vor dem leeren Käfig sass.
Diabolino setzte die Maus in den Käfig und schloss ihn ab.
Beiläufig erwähnte er, dass er das Häuschen auch gehabt hätte, es aber in der Schlacht von Meldowa wohl verloren hätte.
Damit gaben sich alle zufrieden.
Aber jetzt war der König ratlos. Er konnte doch keinen Kater zum Kanzler und Ehemann seiner Tochter machen.
„Auch dafür habe ich Rat.“ sagte Diabolino. „Seht, oh mein König, nur für meinen Herrn habe ich alle diese Abenteuer bestanden und ich will diese Ehre gerne an ihn abtreten. Für mich erbitte ich nur ein Schälchen Milch jeden Tag.“
König Lukrazius war so erfreut darüber, dass es seiner Tochter wieder gut ging, dass er dem Vorschlag des Katers gerne zustimmte.
Robert wurde an den Hof geholt und dort zum Kanzler ernannt.
Und nach einiger Zeit heiratete er die Prinzessin Amelia und sie lebten alle glücklich bis an ihr Lebensende.
Der König lies für das Mäuschen ein neues Häuschen anfertigen, nach dem verlorenen fragte er nicht mehr und das ist schade.
Denn dann wäre vielleicht herausgekommen, dass Diabolino diese Abenteuer überhaupt nicht erlebt hatte.
Er hatte einfach ein Jahr lang zuhause bequem abgewartet, zum einen, um durch eine zu schnelle Rückkehr keinen Verdacht zu erregen, zum anderen um sicher zu sein, dass niemand von den anderen Helden zurückkehrte.
Dann hatte er einfach die nächste Maus gefangen, die er erwischen konnte, und war damit zum König gegangen.
So waren alle zufrieden.
Denn der Schwindel kam nie ans Licht.
Und daran kann man erkennen, dass ich kein Märchen erzählt habe, sondern die Wahrheit.
Denn im Märchen siegt immer die Tugend. -
Entropie
Es ist ein physikalisches Gesetz, dass die Unordnung im Universum immer mehr zunimmt.
Die Wissenschaft hat dafür den Begriff Entropie geprägt.
Und in aufwändigen Laborversuchen wurde diese Tatsache dann auch empirisch bewiesen.
Den Aufwand hätte man sich sparen können.
Ein Tag mit Miezka hätte vollauf genügt.
*
Ich glaube, ich werde alt.
Denn ich finde Dinge nicht mehr.
Socken und so.
Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, sie in die Duschwanne gelegt zu haben.
Auch die Batterien, die ich, meiner Erinnerung nach, für den nächsten Tag auf den Tisch
gelegt hatte waren nicht an diesem Ort.
Anscheinend habe ich sie in einem Anfall geistiger Umnachtung unter das Bett geschmissen.
Auch weiss ich nichts mehr davon, dass ich die Klopapierrolle komplett abgewickelt habe und so auf dem Fliesenboden habe liegen lassen.
Genauso, wie ich überzeugt bin, dass ich den Abfallsack zugebunden habe.
Mir ist jedenfalls nicht bewusst, dass ich Küchenabfälle gleichmässig auf dem Boden verteilt hätte.
Einen schönen Gruss aus Alzheim!.
Ich sollte vielleicht mal einen Psychiater konsultieren.
Oder?
Denn es könnte aber auch eine ganz andere Ursache haben.
Diese mögliche Ursache schleicht mir gerade um die Beine und will gestreichelt werden.
Aber wie gesagt, es ist nur eine möglicher Ursache.
Vielleicht wollte Miezka auch nur die Batterien für mich wieder unter dem Bett hervorholen, damit ich mich nicht so anzustrengen brauche.
Und bestimmt wollte sie mir Arbeit abnehmen und die Socken für mich waschen.
Könnte ja sein.
Ich sollte das positiv sehen.
Denn was hätte denn so ein niedliches Kätzchen davon, wenn es so ein Chaos anrichten würde?
Natürlich sind mir einige Dinge noch nicht ganz klar.
Welchen Sinn macht es, wenn die Blumenerde nicht im Topf, sondern auf dem Boden liegt?
Metaphysik?
Heidnisches Ritual?
Miezka war das bestimmt nicht, zumindest habe ich sie nicht bei einer solchen Aktion gesehen.
Ausserdem, dieser Unschuldsblick....
Und es sei ja bemerkt, dass sie genügend anderes Spielzeug hat.
Ich hab sie zwar nur selten damit spielen sehen, aber ich kann ja nicht alles sehen.
Jetzt hat sie die Batterie unter dem Bett hervorgeholt, aber bevor sie mir die ganz artig bringt, muss sie das technische Ding erst mal ausgiebig betatschen.
Soll sie, wir lebe in einer technifizierten Umwelt, da ist es wichtig, alles darüber zu lernen.
Natürlich hat sie keine Hände, daher sollte man vollstes Verständnis aufbringen, wenn es wieder unter das Bett rollt.
Soll sie doch damit ein wenig spielen, wenn ihrs Spass macht, ich werde derweil die Tageszeitung lesen.
Komisch, ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich darauf gesetzt habe, jedenfalls ist sie etwas zerrissen.
Und warum liegt sie nicht auf dem Tisch, sondern auf dem Boden neben der Couch?
Und auch das Hemd ist nicht sauber über den Stuhl gelegt, sondern liegt total zerknuddelt auf dem Polster.
Irgendwie macht mich der Abdruck in dem Stoffbündel jetzt doch etwas nachdenklich.
Sollte Miezka etwa doch...
Na, wie dem auch sei, ich brauche jetzt die Batterien und muss sie wohl selbst unter dem Bett hervorholen.
Oh, da liegt ja auch der Apfel, den ich seit gestern Mittag vermisse.
Ich weis nicht, aber langsam schleicht sich das Gefühl ein, dass sie mit der ganzen Unordnung in irgend einer Weise doch etwas zu schaffen hat.
Es wird an der Zeit, dass ich mal ein ernstes Wort mit ihr rede.
Ob das allerdings die erwarteten Früchte bringt, sei mal dahingestellt.
Bis es allerdings soweit ist, bin ich in der Lage alle Chaostheoretiker zu wiederlegen.
Sie können sich dann Miezka gerne für ein paar Stunden ausleihen, dann wird die Wissenschaft auf den Kopf gestellt, zumindest was die Geschwindigkeit betrifft, mit der das Chaos zunimmt.
Miau! -
Flaschengeist
Was dem einen sein Uhl, ist dem anderen sein Nachtigall, das ist ein altes Sprichwort.
Und tatsächlich haben wir Menschen manchmal Vorlieben, die für andere Bewohner des blauen Planeten geradezu grotesk wirken müssen.
Peinlich nur, wenn man mit solcherart seltsamen Dingen unvermittelt konfrontiert wird.
Miezka kann davon ein Lied miauen.
*
Diese Ostern war ja endlich mal wieder schönes Wetter.
Überall gingen die Menschen ins Grüne oder auf Grillpartys.
Nun habe ich nichts gegen Grillpartys, im Gegenteil, ich gehöre zu der Sorte Mensch, die angekokelte Leichenteile von Schwein und Rind durchaus schmackhaft findet.
Nur selber grillen ist nicht, denn erstens ist so eine Grillparty alleine auch nicht gerade erbaulich und zweitens will ich nicht für noch mehr Gesprächsstoff in der Nachbarschaft sorgen.
Da traf es sich ja bestens, dass ich bei Andre und Birgit zu eben einer solchen Party eingeladen wurde, natürlich unter der Bedingung, dass jeder etwas mitbringen solle, beispielsweise Salat.
Und natürlich konnte ich Miezka auch mitbringen.
Die beiden haben keinen Garten, aber einen grossen Balkon.
Na ja, gross ist relativ, wie schon Einstein sagte.
Ausserdem haben sie noch zwei Geckos und ein Meerschweinchen.
Die Geckos sind sowieso in ihrem Terrarium und das Meerschweinchen die meiste Zeit im Käfig, so dass nicht die Gefahr besteht, dass jemand auf Miezkas Speisekarte landen könnte.
Erst gibt’s mal Begrüssung, der Grill ist schon angeworfen.
Wir unterhalten uns über dies und das, während Andre den Grill beaufsichtigt.
Miezka hat erst mal eine intensive Wohnungsbesichtigung durchgeführt und sich dann zu einer intensiven Bettelaktion auf dem Balkon entschlossen.
Nur bleibt diese erfolglos.
Aber ich habe die von ihr so geliebten Katzensticks dabei, welche sie auch mit Genuss annimmt.
Sollte aber jetzt jemand glauben, dass sie sich damit zufrieden geben würde, der irrt.
Glauben kann man in der Kirche und da gibt’s in der Regel keine Katzen.
Miezka weis das anscheinend und schleicht weiter mit gierigem Blick um Tisch und Grill.
Das Fleisch ist fertig und wir machen uns darüber her, von Miezka sehnsuchtsvoll beobachtet.
Irgendwann ist Birgit von ihr weichgekocht und gibt ihr ein Häppchen.
Das hätte sie lieber nicht tun sollen.
Denn Miezka versteht das als Aufforderung, an der Schlemmerei teilzunehmen.
Mit einem Satz ist sie auf dem Tisch.
Das geht jetzt aber doch zu weit.
Sie wird von mir auf den Boden gesetzt, mit einigen Streichlern und dem Angebot eines weiteren Katzensticks, welches aber von ihr abgelehnt wird.
Nach einiger Zeit und weiteren Versuchen, etwas von dem leckeren Fleisch zu bekommen, setzt sie sich beleidigt in eine Ecke.
So langsam werden wir mit dem Essen fertig und Andre offeriert als Verdauungshilfe einen Schnaps.
Nun bin ich nicht unbedingt ein Freund von hochprozentigem, aber nach einem guten Essen kann man sich das durchaus genehmigen.
Ausserdem hat Andre Beziehungen zu einer Privatbrennerei im Schwarzwald und das Kirschwasser ist von einer Sorte und Qualität, wie man sie höchstens in extrem teuren Feinkostläden bekommt.
Es ist auch ja fast alles aufgegessen, nur einige Fleischstücke sind noch auf dem Servierteller.
Also werden mal einige Stamperl ausgeschenkt.
In dem Moment macht es einen Rumpler und Miezka ist auf den Tisch gesprungen um sofort unauffällig nach dem Fleisch zu schielen.
Birgit hat sich ob dieser unerwarteten Aktion ziemlich erschreckt und scheucht Miezka vom Tisch.
Völlig unerheblich dass dabei ihr volles Glas Kirschwasser umkippt.
Nur kippt es nicht einfach um, sondern der Edelbrand wird dabei voll über die sich jetzt auf dem Boden befindliche Miezka gekippt.
Die zischt ab, wie von der Tarantel gestochen.
Ich muss sofort nach ihr schauen.
Miezka hat sich in eine Ecke des Wohnzimmers geflüchtet.
Ich will zu ihr, aber sie haut wieder auf den Balkon ab.
Dort sitzt sie und beginnt das, was Fellnasen machen, wenn eben dieses Fell nicht dem von ihnen erwarteten Zustand entspricht.
Sie putzt sich. Mit sichtlichem Wiederwillen, aber sie putzt sich das Fell.
Nicht durch ablecken, das scheint ihr zuwider zu sein, aber sie streicht sich immer wieder mit der Vorderpfote über den Kopf um das Zeug abzubekommen.
Und sie stinkt wie eine Destille.
Nur ist das eben kein Dreck oder normales Wasser, sondern vierzigprozentiger Alkohol, aber der muss raus aus dem Fell.
Und eben dieser Alkohol macht, was Alkohol bei Wärme eben macht, er verdunstet.
Miezka bekommt diesen Dunst voll ab und die Flüssigdroge beginnt schon nach kurzer Zeit Wirkung zu zeigen.
Ist ja auch völlig klar, Miezka gehört nicht in die Kategorie „Quartalsäufer“, will heissen, sie hat noch nie Vergärtes oder Spirituosen abbekommen und höchsten mal am Bierglas geschnüffelt, von wo sie sich angewidert abgewandt hat.
Wie kann man nur so etwas trinken?
Jedenfalls bekommt sie im Laufe ihrer Putzaktion zunehmend Koordinationsschwierigkeiten.
„Miau!“
Es klingt fast kläglich.
Also nehme ich sie erst mal auf meinen Schoss, was sie jetzt teilnahmslos zulässt.
Von allen am Tisch bekommt sie jetzt Streichler, besonders von Birgit, der das besonders leid tut.
Armes Kätzchen.
Am Tisch nimmt der Fleischgeruch wieder überhand und sie will dahin.
Nur scheint das nicht so einfach zu sein.
Denn die sonst so trittsichere Miezka hat zunehmend Schwierigkeiten, zielgerichtet auf das Fleischstück zuzuschleichen.
Jedenfalls hat sie die eben erwähnten Koordinationsschwierigkeiten.
Ojweh!
Also Kätzchen, du bleibst besser auf Dosis Schoss.
Irgendwie sieht Miezka jetzt ziemlich mitgenommen aus.
Und nach kurzer Zeit ist sie auf meinem Schoss eingeschlafen.
Also wird sie ins Wohnzimmer auf die Couch verfrachtet, wo sie sich weiter alkoholisierten Träumen hingibt.
Und sie schläft weiter, bis wir abends zuhause sind.
Als sie wieder aufwacht, macht sie keinen sehr glücklichen Eindruck.
Ich denke, sie hat das, was ich ihr bisher verwehrt habe: Einen Kater!
Heute habe ich mir zum Essen ein Bier genehmigt.
Den vorwurfsvollen Blick, mit dem sie mich dabei bedacht hat, werde ich so schnell nicht vergessen.
Auf Partys wird sie wohl nicht mehr freiwillig erscheinen.
Na dann, prost.
-
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